Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Baumschutzverordnung der Stadt Ansbach;
gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bündnis90/Die Grünen, SPD, BAP, OLA und Stadtrat Seiler ÖDP vom 25.04.2019

BezeichnungInhalt
Sitzung:27.05.2019   UA/002/2019 
Beschluss:Mehrheitlich abgelehnt.
Abstimmung: Ja: 5, Nein: 7
Vorlage:  REF2/016/2019 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel informiert darüber, dass ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bündnis90/Die Grünen, SPD, BAP, OLA sowie Stadtrat Seiler (ÖDP) zum Erlass einer Baumschutzverordnung vorliegt. Dies sei der dritte Vorstoß zum Erlass einer solchen Verordnung, die ursprüngliche Verordnung sei 1995 an rechtlichen Mängeln verstorben.

 

Herr Kleinlein berichtet, dass der Antrag bereits einen Teilentwurf einer möglichen Baumschutzverordnung enthielt. Diese stütze sich auf verschiedene Baumschutzverordnungen anderer Kommunen. Er gibt zu bedenken, dass hier zum Teil sehr alte Verordnungen zitiert werden, während es auch eine Mustersatzung des Deutschen Städtetages von 2014 gibt. Herr Kleinlein führt weiter aus, dass die wichtigen gesetzlichen Notwendigkeiten des Verordnungsgebungsverfahren mit Fristen und Auslegungsprozedere bereits in der Sitzungsvorlage dargelegt wurden. Da es sich bei dem Verordnungsgebungsverfahren um einen sehr aufwändigen Prozess handle, wolle man wissen, ob im Stadtrat der Wunsch nach einer Baumschutzverordnung bestehe ohne bereits im Vorfeld viel Arbeit zu investieren und dann doch wieder keine Mehrheit zu bekommen, wie es bereits mehrfach geschehen ist. Der Beschlussvorschlag laute dahingehend, dass der Umweltausschuss dem Stadtrat empfiehlt, sich grundsätzlich für den Erlass einer Baumschutzverordnung auszusprechen und der Verwaltung den Auftrag zur Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Baumschutzverordnung auf Grundlage der aktuellen Mustersatzung des Deutschen Städtetages zu erteilen.

 

Herr Stadtrat Sichelstiel erläutert, dass man bei der Ausarbeitung des Antrages die Satzungen verschiedener Städte herangezogen hat. Schwabach war hier am sympathischsten, weil sich dort die Stadt vor dem Bürger verpflichtet sieht, das Beratungsangebot stark hervorgehoben wird und die Verordnung in einem einfachen verständlichen Deutsch, nicht in Juristendeutsch gehalten ist. Diese Selbstverpflichtung und Verständlichkeit würde man auch gern in einer Ansbacher Satzung so sehen.

 

Herr Kleinlein gibt zu bedenken, dass eine konkrete und spezifisch formulierte Mustersatzung, wie die des Deutschen Städtetages, zur Rechtssicherheit und besseren Vollziehbarkeit der Verordnung beitrüge.

 

Auch Frau Oberbürgermeisterin Seidel hält die Mustersatzung des Deutschen Städtetages für kurz, knackig und klar.

 

Herr Stadtrat Sauerhammer spricht sich dafür aus, dass man zuerst über die Notwendigkeit einer Baumschutzverordnung diskutieren solle bevor über Inhalte gesprochen wird. Hier müsse zuerst in Zahlen belegt werden, wie viele rechtswidrige Baumfällungen in den letzten Jahren durch eine Baumschutzverordnung hätten verhindert werden können. Die Fraktion der CSU könne ohne belegte Zahlen einer Baumschutzverordnung nicht zustimmen. Er erläutert weiter, dass eine Zustimmung eventuell möglich wäre, wenn die Verordnung tatsächlich nur die Börden und Körperschaften des öffentlichen Rechts umfassen würde. Ansonsten sähe er einen enormen Eingriff in das Privateigentum. Welcher Privatmann würde denn noch Bäume pflanzen, wenn er damit rechnen muss bei einer Fällung zur Kasse gebeten zu werden? Er prangert weiter an, dass vor allen anderen Beschlüssen die Kosten erfragt werden würden, hier aber nicht. Es sei mit einem jährlichen Personalaufwand von mind. 50.000 € und weiteren Nebenkosten zu rechnen. Die Verwaltung sei unterbesetzt und überbeschäftigt. Er hält es nicht für richtig sich in dieser Situation ein weiteres Anhängsel zu schaffen. Außerdem sollte es doch in dieser Legislaturperiode keinen Vorstoß bezüglich einer Baumschutzverordnung mehr geben. Er verwies auf die Stadt Schweinfurt, die seit 01.07.2017 keine Baumschutzverordnung mehr habe, weil man diese im Überarbeitungsprozess aufgehoben habe und auch in einem Bürgerentscheid eine neue Verordnung nicht durchgesetzt werden konnte.

 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel stellt klar, dass dieser Vorstoß zum Erlass einer Baumschutzverordnung nicht von ihr komme, sondern ein Antrag aus dem Gremium sei. Es sei ja nicht so, dass man sich unvorbereitet in eine Baumschutzverordnung stürze, schließlich habe man die Thematik drei Mal in 10 Jahren diskutiert. Fallzahlen, das wisse auch Herrn Sauerhammer ganz genau, könnten nicht geliefert werden, weil es ohne Baumschutzverordnung keine rechtswidrigen Fällungen gibt, außer durch naturschutzrechtliche Tatbestände. Sie bezeichnet seine Ausführungen als Schattengefecht; es sei aber durchaus legitim zu sagen, man wolle keine Baumschutzverordnung.

 

Herr Stadtrat Hüttinger stellt fest, dass wir ohne Bäume nicht lebensfähig seien und wies auf die verbauten Landschaften mit wenigen Bäumen hin. Er führt weiter aus, dass er anhand von Statistiken, Karten und Luftbildern durchaus nachweisen könne, dass Fällungen von großen Bäumen stattfanden. Baumschutzverordnungen hätten sich woanders bewährt, die Kosten für die Durchsetzung stünden im Verhältnis zum Nutzen. Auch als die Stadt Ansbach von 1990 – 1995 eine Baumschutzverordnung hatte, wurden nicht einfach Fällungen verboten, sondern das Beratungsangebot der Stadt Ansbach trug oft dazu bei, dass Bäume erhalten werden konnten.

 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel bekräftigt, dass die Stadt mehr Bäume neu pflanze als gefällt würden.

 

Herr Stadtrat Forstmeier erläutert, dass die Meinungen zum Nutzen einer Baumschutzverordnung in der ÖDP-Fraktion sehr unterschiedlich waren. Für ihn sei dieser Prozess gelebte Demokratie. Er gäbe nun eine Erklärung für die drei Fraktionsmitglieder ab, die sich gegen den Erlass einer Baumschutzverordnung aussprechen: Er verlas, dass der Baumbestand in Ansbach erhalten und gefördert werden solle. Die angedachte Veränderung der städtischen Regelung führe zu Fällung von zusätzlichen Bäumen. Gleichzeitig würde eine Baumschutzverordnung Neuanpflanzungen verhindern. In der Stadtbiotopkartierung sei ausdrücklich zitiert, dass Ansbach aufgrund des vielen Grüns schon jetzt als eine „Stadt der Bäume“ zu bezeichnen sei. Er will daher die erste von drei Thesen ausgeben, nämlich, dass eine Baumschutzverordnung sich negativ auf die Anpflanzungen auswirke. Als Beispiele hierzu führt er negative Presseschlagzeilen aus Magdeburg, München und Hamburg auf. Er stellte in den Raum, dass kein Bürger mehr Bäume pflanze, wenn er diese nie wieder fällen dürfe. Dann wird lieber bescheidenes Grün, Sträucher oder gar der Steingarten im Eigenheim angepflanzt. Bäume, die nicht gefällt werden dürften, führten zu Nachbarschaftsproblemen. Daher die zweite These, dass eine Baumschutzverordnung Streit und Zwietracht in der Gesellschaft sähe. Vielmehr sollten Bürger für besondere Maßnahmen zum Erhalt und die Pflege von Bäumen belohnt werden, anstatt sie für Fällungen zu bestrafen. Er schlug vor, besondere Pflegemaßnahmen zu kartieren, mit kostenlosen Beratungen oder Zuschüssen für die fachgerechte Pflege zu belohnen. Deshalb sei die dritte These, dass eine Verbotspolitik nicht weiterführe. Man sei sich sicher, dass ohne Baumschutzverordnung mehr Bäume gepflanzt würden, da die Bürger hier nicht mit Verboten, Gebühren und Ausgleichszahlungen traktiert werden. Der Schaden einer Baumschutzverordnung sei höher als der Nutzen.

 

Herr Stadtrat Meyer lobte die gute inhaltliche Debatte, möchte jedoch einige Negativbeispiele entkräften. So sei München mit Ansbach keinesfalls vergleichbar. Durch den immensen Bedarf an Wohnraum käme es dort zu einer vielfach höheren Versiegelung. Bei der Schlagzeile aus Hamburg müsse bedacht werden, dass hier von Straßenbäumen die Rede sei. Daher würden die Vergleiche hinken. Die Baumschutzverordnung in Schweinfurt wurde wegen einer politischen Mehrheit im Stadtrat ausgehebelt, weil ein Stadtrat selbst betroffen war. Der Bürgerentscheid fiel eindeutig für eine Baumschutzverordnung aus, erreicht aber das Quorum nicht.

Ansbach habe auch schon viele wertvolle Bäume verloren. Als Beispiele erinnert er an die Dorflinde in Schalkhausen, die 2009 gefällt wurde. Die Fällung habe den Ortskern entwurzelt. Weiter führt er die 2010 gefällten historischen Bäume neben dem Schloßtor und die Fällung in der Mayer-Bergwald-Straße an.

 

Herr Stadtrat Forstmeier betonte, dass die Fällung in der Mayer-Bergwald-Straße stattfinden musste, weil der Baum nur drei Meter vom Gebäude entfernt stand; auch mit Baumschutzverordnung wäre dieser gefällt worden.

 

Frau Stadträtin Koch erklärt, dass die SPD den Antrag unterstützt. Sie selbst hatte sich nicht gegen den Antrag gewandt, weil sie in erster Linie die Stadt und Körperschaften des öffentlichen Rechts in der Pflicht zur Pflege und Erhaltung der Stadtbäume sieht. Eine Ausweitung aufs gesamte Stadtgebiet sieht sie jedoch kritisch. Die Baumschutzverordnung kann stadtbildprägende Bäume schützen, dennoch muss auch berücksichtigt werden, dass auch große Bäume irgendwann am Ende ihrer Lebenszeit angelangen. Ihr Appell sei es, die Bürger nicht abzuzocken. Diese sollen selbst entscheiden können, wann und wie ein Baum gefällt oder gepflanzt werde, ohne an Gebühren denken zu müssen. Gerade in neuen Siedlungen werde oft mehr gepflanzt als manchmal langfristig stehen bleiben kann. Ein Gartenbesitzer pflanze nicht, wenn er weiß, dass eine Fällung nach Jahren mit Kosten verbunden ist.

Prägende Bäume sollten anders geschützt werden.

 

Herr Stadtrat Sauerhammer führt als Beispiel die Linde auf dem Strüther Dorfplatz an. Vor etwa zehn Jahren wurde dort eine Linde gepflanzt. Obwohl diese immer nur halb belaubt war, wurde viel Geld investiert um den Baum zu erhalten. Als es dennoch nach harten Drängen der Strüther Dorfgemeinschaft zur Fällung kam, wurde eine neue Linde gepflanzt, die nun wunderbar wachse.

 

Herr Stadtrat Sichelstiel informiert, dass es auch in seinem Umfeld immer wieder zu Fällung und Kappungen komme und es einer Baumschutzverordnung bedarf, damit solche Bäume stehen bleiben. Es soll keine Gängelung des Bürgers darstellen, es müsse vielmehr positiv kommuniziert werden, mit Faltblättern etc. Regensburg beispielsweise hätte seit 1993 eine Baumschutzverordnung und wäre trotzdem eine Stadt der Bäume.

 

Herr Kleinlein, der anmerkt die Diskussion um eine Baumschutzverordnung heute das erste Mal zu verfolgen, fasst zusammen, dass er vieles Interessantes aus der Diskussion herausgehört habe, zusammenfassend wohl die Beratung der Bürger als sehr wichtig wahrgenommen werde und Gängelung des Bürgers vermieden werden solle. Deshalb schlage er vor statt einer Baumschutzverordnung in den nächsten Stellenplanberatungen einen Baumberater zu genehmigen.

 

Herr Stadtrat Forstmeier stellte klar, dass einem positiven Beschluss des Gremiums zwei weitere Anträge der ÖDP folgen würden. Neben Förderrichtlinien zum Erhalt und zur Unterstützung von ökologisch wertvollen Bäumen würde auch die Erstellung eines Konzepts zur Förderung von Mager- und Trockenrasen beantragt.

 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel bat um Abstimmung, wie auf dem Beschlussvorschlag. Über die Mustersatzung könne Rechtssicherheit erreicht werden.  

 

Dem Beschlussvorschlag stimmten fünf Stadträte zu. Sieben stimmten dagegen.

 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel stellt fest, dass es in Ansbach auch weiterhin keine Baumschutzverordnung geben wird. Der Punkt werde von der Tagesordnung für die morgige Stadtratssitzung gestrichen, da aufgrund des Abstimmungsergebnisses keine Empfehlung an den Stadtrat ausgesprochen wurde.

 

Herr Stadtrat Hüttinger betont, dass laut Geschäftsordnung zehn Stadträte eine Sondersitzung des Stadtrats beantragen könnten.


Beschluss:

 

Der Umweltausschuss empfiehlt dem Stadtrat, sich grundsätzlich für den Erlass einer Baumschutzverordnung auszusprechen und der Verwaltung den Auftrag zur Ausarbeitung eines Entwurfs für eine Baumschutzverordnung auf Grundlage der aktuellen Mustersatzung des Deutschen Städtetags zu erteilen.