Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 20.09.2016 BA/012/2016 |
Beschluss: | Mehrheitlich beschlossen. |
Abstimmung: | Ja: 8, Nein: 5 |
Vorlage: | 30/024/2016 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Vorlage 259 KB | ||
Ansbach_Depot_STN_GMA 823 KB | ||
Schreiben Regierung 2 MB | ||
Stellungnahme IHK, Ansiedlung DEPOT 919 KB |
Frau OB Seidel merkt
eingangs an, dass die Verwaltung im Vorfeld der kurz angekündigten
Sondersitzung des Bauausschusses die Sachlage nochmals vollumfänglich geprüft
habe.
Es gehe nicht darum,
ob man für oder gegen das „Depot“ sei, vielmehr gehe es darum verlässlich zu
handeln und nachvollziehbare rechtmäßige Entscheidungen zu treffen.
Frau OB Seidel weist
nochmals darauf hin, dass es sich um eine äußerst komplexe Angelegenheit handele,
was durch die umfangreiche Sitzungsvorlage, sowie das Einbeziehen der Obersten
Baubehörde durch die Regierung von Mittelfanken deutlich werde.
Die Verwaltung sei
von der Regierung nochmals aufgefordert worden, die Angelegenheit vollständig
zu prüfen und anschließend dem Ausschuss zur Entscheidung vorzulegen, was nun
in der heutigen Sondersitzung geschehe.
Frau OB Seidel
unterstreicht, dass jedwede Vorwürfe hinsichtlich Verzögerungen durch die
Verwaltung zurückzuweisen seien.
Die vorgelegten gutachterlichen
Stellungnahmen seien, auch hinsichtlich ihrer Vollständigkeit, durchaus als kritisch anzusehen. Festzuhalten
sei, dass es sich um einen Grenzfall handle.
Die Entscheidung sei
nun vom Gremium zu treffen. Daher würden auch anstatt der üblichen
Beschlussvorschläge lediglich Beschlussalternativen vorgestellt.
Abschließend hält
Frau OB Seidel fest, dass nach wie vor noch nicht alle Zweifel ausgeräumt seien
und die städtebauliche Verträglichkeit weiterhin angezweifelt werden könne.
Herr Büschl stellt
den nachstehenden Sachverhalt vor.
A Sachverhalt
In der Sitzung des Bauausschuss vom 30.05.2016 wurde
zunächst der nachstehende Beschlussvorschlag der Verwaltung mit 5:8 Stimmen
abgelehnt:
"Der Bauausschuss
folgt der Darstellung der Verwaltung und beschließt, dem Bauantrag aufgrund der
dargelegten Gründe nicht zu entsprechen. Da eine Berührung der Grundzüge der
Planung vorliegt, wird die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen zur
Art der baulichen Nutzung ausgeschlossen."
Anschließend wurde mit 8:5 Stimmen auf Antrag aus der Mitte des Bauausschusses folgendes beschlossen:
„Das Gremium stimmt dem Antrag des Bauwerbers auf Befreiung zu.“
Die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses wurde durch Frau OB Seidel angezweifelt.
Ein Vorgespräch mit der Regierung von Mittelfranken ergab, dass das Gremium ein erneutes Mal mit dem Sachverhalt zu befassen ist, um diesem Gelegenheit zur Korrektur des Beschlusses gemäß Art. 59 Abs. 2 Gemeindeordnung (GO) zu geben. Dazu wurde zur Vermeidung unnötiger Verzögerungen eine Sondersitzung des Ausschusses am 27.06.2015 einberufen.
Nachdem in dieser Sitzung der Ausschuss bei seiner Entscheidung blieb und diese
erneut mit 8:5 Stimmen bestätigte, wurde der beanstandete Beschluss in seinem
Vollzug durch Frau OB Seidel ausgesetzt und der Rechtsaufsichtsbehörde zur
Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 04.08.2016 (Anlage1) teilte die Regierung von Mittelfranken
als Rechtsaufsichtsbehörde mit:
I.
„Der
gefasste Beschluss ist derzeit unvollständig und würde somit im Falle seines
Vollzugs durch die Verwaltung zu einer rechtswidrigen Entscheidung im
Baugenehmigungsverfahren führen.“
…
II.
„Dass
das Vorhaben von vornherein dem in der Begründung des Bebauungsplans genannten
Zweck der vorrangigen Unterbringung großflächiger Einzelhandelsnutzungen zur
Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs widerspräche, ist
nicht zu erkennen.“
…
III.
„Bezüglich
des Grundzugs der Planung wäre für eine abschließende Entscheidung des
Bauausschusses die Beurteilungsgrundlage zu ergänzen.“
Im Weiteren führte die Regierung von Mittelfranken in sieben Maßgaben aus, welche Punkte zu ergänzen sind, um eine ausreichende Beurteilungsgrundlage zu erhalten. Aufgrund einer neuen Sitzungsvorlage der Verwaltung habe der Bauausschuss als Träger der Planungshoheit schließlich erneut über den Antrag des Bauwerbers auf Befreiung zu entscheiden.
Zur Vermeidung unnötiger Verzögerungen wurde am 05.08.2016 eine Sitzung des Ferienausschusses einberufen, das Prüfergebnis der Regierung von Mittelfranken zur Kenntnis gegeben und das weitere Vorgehen erläutert. Folgender Beschluss wurde gefasst:
1.
Der Ferienausschuss nimmt das Schreiben der Regierung von
Mittelfranken vom 4.8.2016 als aufsichtliches Prüfergebnis zur Kenntnis.
2.
Die Verwaltung wird beauftragt das im o.g. Schreiben
genannte ergänzende Gutachten zu den jeweiligen Maßgaben nachzufordern. Hierzu
sind konkretisierend auch Aussagen zur Sortimentszusammensetzung der bereits
angesiedelten Einheiten (Zusammensetzung Sortiment, Kernsortiment,
Nebensortiment) vorzulegen.
3.
Nach Vorliegen der nachgeforderten Unterlagen ist dem
Bauausschuss erneut zu berichten und Gelegenheit zur Beratung und
Beschlussfassung zu geben.
Mit Email vom 05.09.2016 wurden die nachgeforderten ergänzenden Unterlagen (Anlage
2) des Gutachters (GMA) geliefert, so dass nach entsprechender Prüfung nun über
den Antrag auf Befreiung entschieden werden kann.
B Planungsrechtliche
Beurteilung
Die beantragte Nutzung (Tektur zum
Bauantrag) ist nicht durch den Bebauungsplan gedeckt. Wie man sich im Gutachten (Seite 13) erschließen muss,
sind ca. 24% der Sortimente des DEPOT aufgrund der im Bebauungsplan mittels
entsprechender Festsetzungen eingeschränkten Sortimente nicht zulässig. Dies
verteilt sich auf
8% Glas,
8% Keramik, 20% (s. 2. Absatz auf S.13
4% Haushaltsartikel, des GMA-Gutachtens)
24% in der Summe
1% Baumschmuck aus Glas,
1% Bücher, 4% (s. S. 12 unten
1% Spielwaren, und S. 13)
1% Modeaccessoires
Gemäß §30 I BauGB ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes
unzulässig, wenn es den Festsetzungen widerspricht.
Die Möglichkeit der Zulassung des
Vorhabens besteht demzufolge ausschließlich im Wege der Befreiung gemäß § 31 II BauGB. Eine Befreiung von den
Festsetzungen des Bebauungsplanes ist möglich, wenn die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden und
entweder Gründe des Wohls der
Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder
die Befreiung städtebaulich vertretbar
ist oder die Durchführung des Bebauungsplanes
zu einer nicht gewollten Härte
führen würde. Des Weiteren muss die Abweichung unter Wahrung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen
vereinbar sein.
1. Befreiungstatbestand - Grundzüge der
Planung
Zunächst ist also die Berührung der Grundzüge der Planung durch die beantragte Nutzung zu prüfen. Bei den "Grundzügen" handelt es sich unter anderem auch um Festsetzungen, die ein spezifisches planerisches Konzept prägen und diesem zugrunde liegen.
Der rechtskräftige Bebauungsplan wird (neben weiteren) in einem besonderen Maße
getragen von jenen Festsetzungen, die hier einen Nahversorgungsstandort mit
spezifisch definierter Einzelhandelsstruktur ermöglichen. Dieser wird unter
anderem auch durch bestimmte Sortimentsbereiche
geprägt, die zentrenrelevant - doch
gleichzeitig auch nahversorgungsrelevant
sind. An dieser Stelle sei auch darauf verwiesen, dass die betroffenen
Festsetzungen in gegenseitigem Einvernehmen mit dem Vorhabenträger getroffen
wurden.
Wie die Regierung von Mittelfranken im Schreiben vom 04.08. bezugnehmend auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (15.03.2000, Az. 4 B 18.00)[1] mitteilt, sei zur Beurteilung der Berührung der Grundzüge der Planung auf die Gesamtverkaufsfläche des gesamten Vorhabens, also sämtliche Verkaufsflächen der im Rahmen des Bebauungsplans realisierten Vorhaben, abzustellen. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend berühren Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption unangetastet lassen, die Grundzüge der Planung nicht. Im genannten Urteil trifft dies auf eine Abweichung von den Festsetzungen in der Höhe von 3% (gemessen an der Gesamtverkaufsfläche) noch zu.
Im Fall DEPOT handelt es sich um 106,1 m² Verkaufsfläche, auf der Sortimente
angeboten werden, die gemäß Bebauungsplan nicht zulässig sind (Seite 13 des
GMA-Gutachtens). Dies sind bei einer Gesamtverkaufsfläche im Geltungsbereich
des Bebauungsplanes von 3.428,42 m² ca. 3,1%. Diese Abweichung kann noch als
von minderem Gewicht gemäß der Rechtsprechung betrachtet werden. Demnach wären die Grundzüge der Planung nicht
berührt. Allerdings werden – was bisher im Gutachten nicht beleuchtet wurde -
in den bereits ansässigen Geschäften unzulässige Sortimente als Randsortimente
in einem Umfang von ca. 38 m² (1,1%) im Tegut und 57m² (1,7%) im Rossmann
angeboten. Die Zulassung dieser Geschäfte war durch den Satzungsgeber gewünscht
und bereits am Anfang der Planungen bekannt. Dies steht aufgrund der geringen
Größenordnung auch noch im Einklang mit der o.g. Rechtsprechung zur Zulässigkeit.
Tabelle
1: Unzulässige Sortimente im Retti-Center, Angaben aus
Gutachten bzw. eigene Erhebung im September 2016
Verkaufsfläche in m² |
Anteil an Gesamt-VK Retti-Center |
Vorhaben bzw. Geschäft |
3.428,42 m² |
100% |
VK-Retti-Center gesamt |
106,1 m² |
3,1% |
Depot (Unzulässige Sortimente) |
Ca. 57 m² |
1,7% |
Rossmann (Unzulässige Sortimente) |
Ca. 38 m² |
1,1% |
Tegut (Unzulässige Sortimente) |
Durch das Depot würden dann jedoch zu den gemeinsam 2,8% in den bestehenden Geschäften
Rossmann und Tegut weitere 3,1% unzulässiger Sortimente im beantragten Vorhaben
hinzukommen. Damit würden in der Summe 5,9% unzulässige und teilweise
zentrenrelevante Sortimente angeboten. Eine Berührung der Grundzüge der Planung
könnte demzufolge nach wie vor gegeben sein. Ein vergleichbarer Fall ist bisher
jedoch nicht höchstrichterlich geklärt worden.
Gleichwohl kann diese Einschätzung jedoch mangels
eindeutiger Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall hinsichtlich der
Kumulierung auch angezweifelt werden.
Aufgrund der grenzwertigen und durchaus auch volatilen Zahlenlage bei den Bestandsnutzern und dem beantragten
Dekorationsmarkt (saisonal wechselnde Sortimentszusammensetzung) ist eine
exakte Bestimmung ohnehin schwer möglich.
Dementsprechend könnte auch die Aussage vertreten werden, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt sind.
Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob entweder
·
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
·
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte
führen würde.
Abschließend ist zu klären, ob die Abweichung unter Würdigung
nachbarlicher Interessen mit den
öffentlichen Belangen vereinbar ist.
2. Befreiungstatbestand - Gründe des Wohls der
Allgemeinheit
Zu
den Gründen des Wohls der Allgemeinheit zählen alle öffentlichen Interessen und
Belange, so wie sie in § 1 Abs. 6 BauGB beispielhaft aufgezählt werden. Das
Vorliegen dieses Befreiungstatbestands kann verneint werden. Ein öffentlicher Belang, der die Befreiung erfordert, kann
seitens der Verwaltung nicht
identifiziert werden.
3. Befreiungstatbestand - Städtebauliche
Vertretbarkeit
Die städtebauliche Vertretbarkeit ist gegeben, wenn das Vorhaben mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Sinne des § 1, insbesondere Abs. 6 und 7 BauGB vereinbar ist. Eine Befreiung ist nur möglich,
- wenn sie auch Gegenstand einer Festsetzung im Bebauungsplan sein könnte und
- wenn sie innerhalb der Grenzen der Pflicht zur Berücksichtigung der berührten öffentlichen und privaten Belange – insbesondere den Abwägungsgrundsätzen aus § 1 Abs. 7 BauGB - liegt.
Werden öffentliche und private Belange durch die Abweichung berührt, und kann ein Ausgleich nicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens herbeigeführt werden, ist die städtebauliche Vertretbarkeit nicht gegeben.
§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB führt als zu berücksichtigenden
Belang die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes
oder einer von ihr beschlossenen sonstigen
Planung an. Unter diesen Punkt ist das in 2015 aktualisierte Einzelhandelsentwicklungskonzept (EEK)
zu subsummieren, das die Grundlage für jene Festsetzung des Bebauungsplanes
bildet, von der für das Vorhaben befreit werden soll. Es ist somit fraglich, ob
diese Abweichung aufgrund ihrer dem EEK widersprechenden Ausprägung
städtebaulich vertretbar ist.
Aus diesem Grund war eine Maßgabe der Regierung von Mittelfranken, in den nachgeforderten Unterlagen eine Präzisierung der Auswirkungen des Vorhabens auf den zentralen Versorgungsbereich (ZVB) darzustellen. Dies kann gemäß verschiedener Urteile des Bundesverwaltungsgerichts durch eine Prognose des Kaufkraftabflusses anhand eines Verkaufsflächenvergleichs zwischen Vorhaben und ZVB geschehen, aber nicht ausschließlich dadurch. Zusätzlich zum Verkaufsflächenvergleich sollten je nach Einzelfall die nachstehend beschriebenen Kriterien in Erwägung gezogen werden:
· der Abstand zwischen Vorhaben und ZVB,
· die Konstellation der Vorschädigung des ZVB,
· die Gefährdung eines Magnetbetriebs im ZVB mit maßgeblicher Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des ZVB,
· das Vorhandensein branchengleicher Einzelhandelsangebote im Einzugsbereich des ZVB, sowie
· die Kundenattraktivität des geplanten Vorhabens durch standortbedingte Synergieeffekte.
Diese Kriterien sollten entsprechend des Einzelfalls ergänzend zur Begutachtung hinzugezogen werden. Die ergänzende Stellungnahme weist diesbezüglich zumindest Lücken auf.
Dargestellt werden nicht die von der Regierung aus den o.g.
Gründen geforderten Auswirkungen auf den
ZVB. Diese muss sich der Leser eigenständig aus den in der
Stellungnahme zu findenden Zahlen und Argumenten erarbeiten. Abgestellt wird
von der GMA einerseits auf die Altstadt und andererseits auf die
gesamtstädtische Ebene. Dabei wird verkannt, dass faktisch der ZVB auch das
Brückencenter und weitere Bereiche Ansbachs beinhaltet. So wird dort
ausgeführt, dass in den Sortimenten
Glas, Keramik, Haushaltsartikel in der gesamten
Stadt 2.645 m² Verkaufsfläche bestehen, dem gegenüber beim beantragten Vorhaben 88,5 m² -
also 3,3 % - stehen. Tatsächlich sind aber die 88,5 m² des Vorhabens auf den
eigentlichen ZVB zu beziehen, wie es höchstrichterlichen Urteilen zu
entnehmen ist. Es handelt sich also um
9,3% statt der angeführten 3,3%.
Zu diesem Zweck findet sich untenstehend die um die
relevanten Zahlen ergänzte Tabelle. Gänzlich fehlen die Zahlen für die weiteren
unzulässigen Sortimente Spielwaren, Bücher, Baumschmuck sowie Modeaccessoires
für sämtliche Untersuchungsbereiche. Vernachlässigt man diesen Mangel, entsteht
(laut Stellungnahme der GMA) ein Kaufkraftabfluss
gemessen an der Verkaufsfläche von 9,3 % aus dem ZVB zu Gunsten des beantragten
Vorhabens. Das heißt, es ist eigentlich von einem höheren Kaufkraftabfluss
als 9,3% aus dem ZVB auszugehen.
Schädliche Auswirkungen sind laut Fachliteratur und Rechtsprechung (Bundesverwaltungsgericht) in einem Bereich von 10% bis hin zu 75% Kaufkraftabfluss zu unterstellen. Offensichtlich ist, dass im vorliegenden Fall keine gesicherte Tatsachenbasis für die Annahme von schädlichen Auswirkungen besteht. Offensichtlich ist allerdings auch, dass ein entsprechender Kaufkraftabfluss stattfindet. Eine nochmalige Ergänzung des Gutachtens könnte hier unter Einbezug der durch das BVerwG angeführten Kriterien (Abstand ZVB, Vorschädigung ZVB, Gefährdung Magnetbetrieb im ZVB, branchengleiche Einzelhandelsangebote, standortbedingte Synergien) größere Klarheit verschaffen.
Verhältnis der VK-Flächen in Ansbach
Sortiment |
Altstadt |
Brücken-Center |
außerhalb Innenstadt |
Summe Ansbach |
Summe ZVB |
Beantragtes Vorhaben |
||||||
m² |
% |
m² |
% |
m² |
% |
m² |
% |
m² |
% |
m² |
% des ZVB |
|
Glas,
Keramik, Haushaltsartikel |
275 |
10 |
670 |
25 |
1.700 |
65 |
2.645 |
100 |
945 |
35 |
88,5 |
9,3 |
Deko-Artikel |
113 |
19 |
20 |
3 |
452 |
77 |
585 |
100 |
133 |
22 |
93 |
69 |
Bilder |
15 |
17 |
- |
- |
120 |
83 |
145 |
100 |
15 |
17 |
4,4 |
29,3 |
Im Falle der Stadt Ansbach von Relevanz ist der Aspekt „branchengleiche
Einzelhandelsangebote im Einzugsbereich des ZVB“. Das
Bundesverwaltungsgericht führt aus:
„Sind im Einzugsbereich des zentralen Versorgungsbereichs in räumlicher Nähe
an anderer Stelle bereits Einzelhandelsbetriebe vorhanden, dürfen auch diese
bei der Gesamtbetrachtung nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. Beschluss vom
12. Februar 2009 – BVerwG 4 B 3.09 – Buchholz 406. 12 § 11 BauNVO Nr. 34 Rn.
6). Schädliche Auswirkungen i. S. d. §
34 Abs. 3 BauGB können sich auch daraus ergeben, dass das geplante Vorhaben
zusammen mit bereits vorhandenen Betrieben eine Beeinträchtigung des
geschützten zentralen Versorgungsbereichs bewirkt. Denn ein gerade noch
unbedenkliches Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten
Standorten in räumlicher Nähe zum Versorgungsbereich und Angeboten derselben
Branche im geschützten Versorgungsbereich kann durch das Hinzutreten eines
weiteren branchengleichen Vorhabens in eine städtebaulich beachtliche
Schädigung der Funktionsfähigkeit des Versorgungsbereichs umschlagen.“ (BVerwG, 12.02.2009 - 4 B 3.09)
Dies ist im
vorliegenden Fall möglicherweise gegeben, wie die ergänzende Stellungnahme
der GMA zwar zeigt, jedoch nicht näher ausformuliert. So werden dort insbesondere
Möbel Pilipp mit ca. 1.000 m² entsprechender Randsortimente sowie vier weitere
Vollsortimenter und ein SB-Warenhaus mit entsprechendem Angebot im Sortiment
Haushaltswaren genannt, ebenso eine Filiale des Dänischen Bettenlagers sowie
der OBI-Baumarkt. Dieser Möglichkeit
geht das Gutachten aber nicht nach.
Ebenfalls führt das Gutachten aus, dass im zweigeteilten
zentralen Versorgungsbereich Ansbachs nur im Brückencenter ein tatsächliches
Fachgeschäft für Haushaltswaren zu finden ist (S-Kultur) sowie entsprechende
Sortimente auch im SB-Warenhaus real verortet werden, in der Altstadt seien
diese Sortimente nur bei TEDI und dem Euroshop sowie zwei weiteren Geschäften
zu finden. Hieraus könnte eine
Vorschädigung des ZVB abgelesen werden. Der Eindruck wird unterstützt
aufgrund der Relation zwischen den Verkaufsflächen außerhalb der Innenstadt
(1.700 m²) und im ZVB (945 m²). Bei einem Anteil von 9,3% an zusätzlicher
Verkaufsfläche im beantragten Vorhaben in Relation zum ZVB kann die Aussage des
Gutachtens vor dem Hintergrund der Vorschädigung, dass in keinem Fall negative
städtebauliche Auswirkungen (Seite 16) im Sinne der höchstrichterlichen
Rechtsprechung nach sich ziehen würde, nicht automatisch nachvollzogen werden.
Im Hinblick auf die standortbedingten Synergieeffekte bei der Kundenattraktivität ist zudem anzumerken, dass gerade die Ausrichtung des beantragten Vorhabens am Standort Rettistraße auf die Bündelung von verschiedenen Einkäufen (Vollsortimenter, Biomarkt, Drogeriemarkt, Dekorationsbedarf) abzielt und dies aufgrund der Erreichbarkeit mit dem PKW äußerst kundenfreundlich ermöglicht. Diese Tatsache verschärft die Konkurrenz zumindest zu gewachsenen Lagen im ZVB in der Altstadt. Im Hinblick auf das Brückencenter hat dies naturgemäß eine untergeordnete Bedeutung. Auch hier könnte eine konkrete und präzisierte Betrachtung helfen, die Möglichkeit der Schädigung auszuschließen.
Aus den o.g. Ausführungen wird klar, dass durch die Ansiedlung zwar schädliche Auswirkungen auf den ZVB vermutet werden können, es jedoch keine gesicherten Tatsachen bestehen, dass diese auch tatsächlich vorliegen werden.
Somit kann letztlich nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass das EEK als öffentlicher Belang berührt wird. Zweifellos handelt es sich jedoch um einen Grenzfall.
4. Befreiungstatbestand - nicht beabsichtigte
Härte
Der Befreiungstatbestand der nicht beabsichtigten Härte ist anzunehmen, wenn das für die Bebauung vorgesehene Grundstück in bodenrechtlicher Hinsicht Besonderheiten aufweist, die es im Verhältnis zu der im Bebauungsplan getroffenen Festsetzung als Sonderfall erscheinen lassen. Das Vorhandensein dieses Befreiungstatbestandes kann verneint werden, so dass letztlich auf die städtebauliche Vertretbarkeit (mitsamt der vorbeschriebenen Unsicherheit) abgestellt werden muss.
5. Befreiungstatbestand Vereinbarkeit mit
öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen
Des Weiteren ist zu prüfen, ob die Befreiung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Kann dies nicht sichergestellt werden, ist eine Befreiung ausgeschlossen.
Die (Un-)vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen wurde bereits vorangehend geprüft. Hier stand allenfalls das EEK als Belang im Raum. Im Ergebnis der Prüfung ist von einer Berührung nicht zweifelsfrei ausgegangen worden. Weitere Belange, auch solche, die nach der getroffenen Festsetzung bedeutsam wurden, sind nicht gegeben.
Die Würdigung nachbarlicher Interessen bezieht sich u.a. auf
das Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 BauNVO), das zur Unzulässigkeit im Hinblick
auf Nachbarinteressen führen kann. Eine Benachteiligung
von Nachbarn durch die beantragte
Nutzung kann nicht erkannt werden.
D.h. Zusammenfassend:
Im Ergebnis hängt die Beurteilung, ob die begehrte Befreiung erteilt werden kann, an der Einschätzung der städtebaulichen Vertretbarkeit. Die indiziengestützten Zweifel wurden bereits angeführt. Es handelt sich, wie bereits erwähnt, um einen Grenzfall.
Insofern gibt es im Rahmen der vom Bauausschuss zu tätigenden Ermessensausübung zwei Möglichkeiten:
Für das beantragte Vorhaben kann von den Festsetzungen des geltenden Bebauungsplanes eine Befreiung erteilt werden – oder auch nicht. Der Bauausschuss hat demnach sein pflichtgemäßes Ermessen auszuüben und über die begehrte Befreiung zu entscheiden.
C Einwendungen
Abschließend muss auf die kritischen Stellungnahmen (u.a. Schreiben IHK Nürnberg für Mittelfranken vom 15.8.2016, s. Anlage 3) seitens verschiedener Interessensvertretungen hingewiesen werden. Die IHK wendet sich gegen die positiven Bestrebungen, das beantragte Vorhaben am in Rede stehenden Standort zuzulassen. Es wurde deutlich gemacht, dass die Ansiedlung von zentrenrelevanten Sortimenten im angestrebten Umfang dort seitens der Kammer sehr kritisch gesehen wird, auch im Hinblick auf die umfangreichen Bestrebungen zur Stabilisierung des ZVB u.a. durch die Städtebauförderung. Die IHK schlägt vor, gemeinsam mit dem Unternehmen, dessen Filiale im Zentrum des Vorgangs steht, nach einem geeigneten und in Einklang mit dem EEK stehenden Standort zu suchen, der keine schädlichen Auswirkungen auf den ZVB vermuten lässt und so zur Stärkung des Einzelhandelsgefüges in der Stadt beiträgt.
D Alternativen und
Empfehlung
Aufgrund des bereits erwähnten Grenzfalles können zwei Alternativen für das weitere Vorgehen erkannt werden.
1. Beurteilung des Befreiungsantrags auf der vorliegenden Faktenlage, welche das hierfür notwendige Mindestmaß anhand der bereitgestellten Unterlagen erfüllt und mit positiver Entscheidung bezüglich der Befreiung.
2. Nachfordern einer konkretisierenden Beurteilung der Auswirkungen auf den ZVB, welche die maßgeblichen durch das Bundesverwaltungsgericht angeführten Kriterien (Abstand ZVB, Vorschädigung ZVB, Gefährdung Magnetbetrieb im ZVB, branchengleiche Einzelhandelsangebote, standortbedingte Synergien) berücksichtigt. Dabei wäre eine prognostische Berechnung von Flächenleistungen des beantragten Vorhabens sowie der jeweiligen Mitbewerber im ZVB anzustellen, um den Zweifeln an der Unschädlichkeit des Vorhabens für den ZVB zu begegnen.
Zudem möglich wäre auf Grundlage der Stellungnahme der IHK die gemeinsame Standortsuche mit Gries Deco Company (DEPOT). Dies kann jedoch aufgrund des bereits übermittelten eindeutigen Schriftverkehrs zwischen der Expansionsabteilung der Gries Deco Company und der Wirtschaftsförderung der Stadt Ansbach als aussichtslos bezeichnet werden, da eine Mitwirkung diesbezüglich nicht besteht.
Frau OB Seidel gibt bekannt, dass sie gegen Alternative 1 stimmen werde, da aus ihrer Sicht die Zweifel bezüglich der städtebaulichen Verträglichkeit des Vorhabens nicht ausgeräumt seien.
[1] Klage gegen die Genehmigung für die Einrichtung einer Prägewerkstatt für Kraftfahrzeugschilder mit Verkauf auf einem Wohngrundstück - Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans - Teilweise Änderung der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart. Im vorliegenden Fall ging es um die vereinfachte Änderung eines Bebauungsplanes (der Nutzungsart), die lediglich darin bestand, dass statt eines reinen Wohngebiets ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt wurde und sich die Änderung auf vier Parzellen, die am Rande eines 132 Parzellen umfassenden Plangebiets liegen, beschränkte. Es handelte sich hier lediglich um eine kleine Randkorrektur, die das ursprüngliche Planungskonzept nicht berührte.
Vorgeschlagene
Beschlussalternativen:
Der Bauausschuss beschließt, dem Antrag auf Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu entsprechen, da gemäß § 31 Abs. 2 BauGB die Grundzüge der Planung nicht berührt sind und die Abweichung städtebaulich vertretbar, sowie die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Abstimmungsergebnis: Ja 8 Nein 5
Mehrheitlich beschlossen.
Alternative 2
Der Bauausschuss stellt fest, dass, aufgrund der nicht umfassend widerlegten Annahmen (im Gegensatz zu einer fundierten Auswirkungsanalyse mit spezifizierten Flächenleistungen und Umsatzverlagerungen), das Vorhaben schädliche Auswirkungen auf den ZVB haben kann und eine Ermessensentscheidung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist. Er beschließt, die Verwaltung mit der Nachforderung entsprechender Ergänzungen betreffend der Auswirkungsanalyse der bisherigen Stellungnahmen zu beauftragen.
Frau Ob Seidel
stellt abschließend fest, dass auf Grund des vorangegangen Abstimmungsergebnis
Alternative 1 über Alternative 2 nicht mehr Beschluss gefasst werden muss.