Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Gebäude in Gewerbe im Ortsteil Strüth

BezeichnungInhalt
Sitzung:08.04.2019   BA/004/2019 
Beschluss:Wird zurückgestellt.
DokumenttypBezeichnungAktionen

Herr Schubert stellt dem Gremium anhand einer dig. Präsentation nachstehenden Sachverhalt vor und weist eingangs auf die mögliche Schaffung eines Präzedenzfalles hin.

 

Der Bauherr beantragt die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von zwei ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäuden als künftig Gewerbe im östlichen Grundstücksbereich Fl.Nr. 681, Gem. Neuses. am östlichen Rand der Ortschaft Strüth

 

Eine ehemals landwirtschaftliche Halle soll als

  • Kfz-, Reifen- und Teilehandel,
  • Reifenservice,
  • „Smartrepair“,
  • Wartung landwirtschaftlicher Geräte,
  • Fahrzeugaufbereitung und –folierung und für
  • technische Durchsichten mit fachkundiger Beratung

 

im Nebenerwerb genutzt werden.

 

Ein früherer Jungviehstall soll zum

  • An- und Verkauf sowie zur Vermietung von Kfz,
  • Fahrzeugvermittlung,
  • Fahrzeugaufbereitung bzw. Reinigung inkl. bei Bedarf
  • Reifenwechsel,
  • Zwischenlager für landwirtschaftliche Geräte und Teilehandel,

ebenfalls im Nebenerwerb, um genutzt werden.

 

Planungsrechtliche Beurteilung:

 

Die ursprünglich landwirtschaftliche Bausubstanz liegt planungsrechtlich im Außenbereich gem. § 35 BauGB. Der Flächennutzungsplan stellt Flächen für die Landwirtschaft dar.

 

Nach § 35 Abs.4 Nr. 1 BauGB werden Vorhaben begünstigt, mit denen bisher land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude auch anderen Nutzungen zugeführt werden können. Dies dient dem Strukturwandel in der Landwirtschaft insoweit, als eine Vielzahl von Betrieben ihre Gebäude wegen vollständiger oder teilweiser Betriebsaufgabe nicht mehr insgesamt oder in Teilen landwirtschaftlich nutzen und ggf. dem Verfall preisgeben müssten.

 

Die Erleichterung besteht darin, dass diesen Vorhaben, die grundsätzlich nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beurteilt werden, in der Praxis häufig beeinträchtigte öffentliche Belange entgegenstehen (Darstellung des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, Gefahr der Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung), die der Nutzungsänderung aber nicht entgegengehalten werden dürfen.

Alle übrigen öffentlichen Belange sind jedoch weiter zu berücksichtigen.

 

Darüber hinaus wird ausdrücklich klargestellt, dass sämtliche in § 35 Abs. 4 BauGB genannten teilprivilegierten Vorhaben außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sein müssen (Ausführungen dazu weiter unten).

 

Die angestrebte Nutzungsänderung erfolgt vor diesem Hintergrund des landwirtschaftlichen Strukturwandels und der damit verbundenen landwirtschaftlichen Nutzungsaufgabe durch den Eigentümer im Jahr 2013.

 

Die Teilprivilegierung nach § 35 Abs.4 Nr.1 BauGB ist an mehrere Voraussetzungen gebunden:

 

  1. das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,

 

  1. die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,

 

  1. die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück

(nicht anwendbar in Bayern gemäß Art. 82 Abs. 5 BayBO),

 

  1. das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,

 

  1. das Gebäude steht in räumlich-funktionalem Zusammenhang mit der (ehemaligen) Hofstelle des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs,

 

f.    (die Voraussetzungen hinsichtlich einer Änderung zu Wohnzwecken sind für den vorliegenden Antrag unerheblich)

 

g.  eine Verpflichtungserklärung, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung zu errichten, ist vom Antragsteller schriftlich abzugeben.

 

Die Voraussetzungen, dass das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz dient und die äußere Gestalt des Gebäudes im Wesentlichen gewahrt bleibt, haben ab 1998 die zuvor geltenden Anforderungen an die „Änderung der bisherigen Nutzung ohne wesentliche Änderung der baulichen Anlage“ ersetzt.

Um sowohl den Einbau von Wohnungen als auch die Nutzung von Stallungen und Scheunen für gewerbliche Zwecke zu erleichtern, wurde auf das Erfordernis „ohne wesentliche Änderung der baulichen Anlage“ verzichtet, was vormals eine erhebliche Einschränkung für die Nutzungsänderung mit sich brachte.

 

Im vorliegenden Fall dürften die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1a und b hinsichtlich der sich innerhalb der Gebäudesubstanz abspielenden Nutzungen erfüllt sein. Zu begrenzen wäre ggf. der Umfang der notwendigen Abstellflächen / Stellplätze, um auch das äußere Erscheinungsbild der seit langem bestehenden landwirtschaftlichen Struktur zu gewährleisten und die notwendige Außenbereichsverträglichkeit zu gewährleisten. Je Nutzungseinheit sind 6 Stellplätze unmittelbar an den Hallen geplant. Der Stellplatznachweis (Bedarf) gemäß der städt. Stellplatzsatzung ist im weiteren Genehmigungsverfahren noch abschließend zu prüfen.

 

Der Jungviehstall wurde mit Fertigstellungstermin August 1998 errichtet, die landwirtschaftliche Bergehalle im April 2006. Beide Gebäude erfüllen somit die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d.

 

Den gem. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e geforderten räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der (ehemaligen) Hofstelle erfüllen beide baulichen Anlagen;

sie schließen sich unmittelbar an weitere vormals landwirtschaftlich genutzte Einrichtungen auf dem gleichen Flurstück an.

 

Der zu entscheidende erstmalige Antrag auf Nutzungsänderung erfüllt somit - mit erforderlicher Beschränkung der Freiflächennutzung (Stellplätze / Abstellflächen / Lagerflächen) - grundsätzlich die Voraussetzungen gem. § 35 Abs.4 Nr.1 BauGB.

 

 

Immissionsschutz:

 

Hinsichtlich des Lärmschutzes wurde das Umweltamt am Verfahren beteiligt. Eine abschließende Beurteilung war aufgrund der bisher vorliegenden Unterlagen noch nicht möglich. Inzwischen vom Bauherrn nachgereichte Angaben/Unterlagen sind noch endgültig zu bewerten.

 

 

Straßenrecht/Erschließung:

 

Weitere (entscheidende) Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit ist die gesicherte Erschließung.

 

Die Zufahrt zu den o.g. Gebäuden ist über den ca. 350 m langen Wirtschaftsweg (FlNr. 1373, Gemarkung Neuses) vorgesehen, der entlang des östlichen Ortsrandes von Strüth verläuft und im Zuge der Flurbereinigung seinerzeit als Ortsrandweg angelegt wurde.

 

Am südlichen Ende ist der Weg auf einer Länge von ca. 70 m auf der gesamten Breite von ca. 5,5 m asphaltiert. Die restliche Strecke ist als gepflasterter Spurweg mit einer Gesamtbreite von ca. 3,0 m und einem geschotterten Mittelstreifen ausgebaut. Das längste Teilstück ohne Ausweichstelle (z.B. Grundstückszufahrt) hat eine Länge von ca. 90 m.

 

Die Tragfähigkeit des Weges ist lt. Stellungnahme der städt. Tiefbauabteilung ausreichend für PKW- und gelegentlichen LKW-Verkehr, sofern auf eine angemessene Geschwindigkeit geachtet wird. Laut den Antragsunterlagen ist für die geplante Nutzung insbesondere mit PKW-Verkehr zu rechnen.

Aktuell ist das Befahren des Weges aus beiden Richtungen durch Verkehrszeichen 260 (Verbot für Krafträder und Kraftwagen – ausgenommen land- und forstwirtschaftlicher Verkehr) eingeschränkt. Gemäß Stellungnahme der am Verfahren beteiligten Straßenverkehrsabteilung ist ein Versetzen des Schildes hinter die Grundstückseinfahrt aus straßenverkehrsrechtlicher Sicht möglich, da  die „Straße die Anforderungen eines „Zubringers“ zum zukünftigen Betrieb“ darstellt. Eine entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzung zur Verkehrssicherheit und zum Schutz des Straßenkörpers wird für sinnvoll erachtet.

 

Der Weg ist entsprechend seiner Verkehrsbedeutung als (ausgebauter) Feld- und Waldweg gewidmet und somit straßenrechtlich (unabhängig von einer evtl. Beschilderung) nur für das Befahren durch Land- und Forstwirtschaft zugelassen. Straßenbaulastträger ist die Stadt Ansbach.

 

Eine Aufstufung des Weges in eine andere Straßenklasse (hier zur Ortsstraße), die ein Befahren des Weges auch mit anderen Fahrzeugen als solchen der Land- und Forstwirtschaft ermöglichen würde (nämlich denen, die zu den beantragten Gewerbebetrieben fahren) ist aufgrund der Verkehrsbedeutung des Weges nicht möglich. Die Verkehrsbedeutung bemisst sich ausschließlich danach, in welchem Umfang eine Straße dem tatsächlichen Verkehr überwiegend zu dienen bestimmt ist. Ortsstraßen dienen dem örtlichen Verkehr innerhalb der geschlossenen Ortslage oder innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches eines Bebauungsplanes.

Bei der Ermittlung der Verkehrsbedeutung einer Straße ist zu beurteilen, welche Verkehrsbeziehungen die Straße aufweist, welche der festgestellten Verkehrsbeziehungen überwiegen und wie groß die Verkehrsdichte im Jahresdurchschnitt ist.

 

Die Verkehrsbeziehung einer Straße als wesentliches Merkmal der Verkehrsbedeutung bemisst sich danach, welche Funktion eine Straße innerhalb des Gesamtstraßennetzes erfüllt, nämlich zwischen welchen Räumen der Verkehr vermittelt werden soll.

Die Klassifizierungsgrenzen zwischen der Straßenklasse „Ortsstraße“ und der Straßenklasse „sonstigen öffentlichen Straßen (hier: Feld- u. Waldweg)“ sind fließend. Eine Aufstufung eines Feldweges zur Ortsstraße ist jedoch grundsätzlich nicht gerechtfertigt, wenn es nur um den Anschluss von Einzelanwesen geht, es sei denn, dass die Verbindung zu einem einzelnen Anwesen als der Beginn der städtebaulichen Erschließung angesehen werden muss oder dass zu dem Einzelanwesen (z. B. stark besuchtes Ausflugslokal oder Werksgelände) ganz erheblicher Besucher- oder Lieferverkehr besteht. Die Aufstufung ist somit nur gerechtfertigt, wenn dahingehend Veränderungen eintreten, dass der Weg künftig überwiegende Orts-Erschließungsfunktionen zu übernehmen hat. Dies ist mit dem vorliegenden Fall nicht gegeben.

 

Der Ausbauzustand eines Weges ist mittlerweile kein ausschlaggebendes Kriterium mehr für die Zuteilung in eine Straßenklasse. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Wege und Straßen entsprechend ihrer Verkehrsbedeutung und Verkehrsbeziehung in einen entsprechenden Ausbauzustand zu versetzen sind. Dies hat zur Folge, dass im Falle einer (ggf. auch unrechtmäßigen) Aufstufung ein Anspruch auf einen der Straßenklasse entsprechenden Ausbau bestehen würde, dessen Kosten der Allgemeinheit nicht auferlegt werden sollten.

 

 

Beratungserfordernis:

 

Es handelt sich somit um einen (Grenz-)Fall von grundsätzlicher Bedeutung. Im Zuge des Strukturwandels in der Landwirtschaft und des daraus folgenden vermehrten Leerstandes ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude ist eine Beratung im Bauausschuss erforderlich.

 

Die Zulässigkeit des Vorhabens ist abhängig von einer gesicherten Erschließung. Eine ähnliche Situation wie im vorliegenden Fall kann sich in näherer Zukunft häufiger ergeben, da auch in anderen Ortsteilen derartige Feld- und Waldwege als rückwärtige Zufahrt zu landwirtschaftlichen Grundstücken genutzt werden. Daher ist zu berücksichtigen, dass die jetzt zu treffende Entscheidung Präzedenzfallwirkung für ähnliche, vergleichbare Fälle haben kann.

 

Frau OB Seidel schlägt vor, wenn grundsätzlich gewünscht werde, könne die Situation vor Ort betrachtet werden. Ein gemeinsamer Termin wird angeboten.

 

Aus dem Gremium heraus wird

 

--         festgestellt, dass bei Zustimmung zu dem geplanten Vorhaben keine Verschlechterung der vorherrschenden Situation zu erwarten sei, da die Hallen schon jetzt vom Maschinenring genutzt werden. Wenn alle Vorgaben erfüllt sind, bestehen keine Bedenken, die Zustimmung zu erteilen. 

 

-           darum gebeten, keine Aufstufung des Weges vorzunehmen (Hinweis auf Winterdienst)

 

-           vorgeschlagen, den Weg auf eigene Kosten auszubauen

 

Frau OB Seidel hält fest, dass der Weg nicht verändert werden darf und kein Anspruch auf einen Ausbau entstehen darf. Sie weist darauf hin, dass ein Ortstermin vor Beschlussfassung gewünscht werde.


Beschluss:

 

keine Beschlussfassung, zunächst Ortstermin mit Verwaltung zwecks Inaugenscheinnahme