Tagesordnungspunkt

TOP Ö 1: Vorstellung der Naturschutzfachkartierung (NFK)

BezeichnungInhalt
Sitzung:24.09.2018   UA/003/2018 
Beschluss:Dient zur Kenntnis.
Vorlage:  23/006/2018 
DokumenttypBezeichnungAktionen
Dokument anzeigen: Vorlage Dateigrösse: 89 KBVorlage 89 KB

Frau Langensiepen, Leiterin des für die Naturschutzfachkartierung (NFK) verantwortlichen Referats 51 des Landesamtes für Umwelt, erinnert zu Beginn ihres Vortrags an die Historie der Biotopkartierung in den Jahren 2013/14. Die Rednerin betont die finanzielle Beteiligung des Landesamtes an der NKF in Höhe von 60 % der Kartierungskosten und der damit verbundenen Erfüllung des gesetzlichen Auftrages, Arten und Lebensräume zu erfassen und bewerten.

 

Im Rahmen der NFK wurden in Ansbach verschiedene Tiergruppen untersucht und gezielt überprüft. Neben konkreten flächenbezogenen Aussagen biete die Kartierung auch Einschätzungen zur Häufigkeit, zur Bestandsentwicklung oder Gefährdung von Lebensräumen und einzelner Arten und sei daher eine wichtige Grundlage für Pflege- oder Fördermaßnahmen.

Frau Langensiepen führt weiter aus, dass die Kartierungen den Naturschutzbehörden und Planungsbüros wichtige Informationen für die Planung und Beurteilung von Eingriffsvorhaben böten und eine wichtige Grundlage für die Landschaftsplanung darstellten.

Den beteiligten regionalen Fachleuten spricht die Rednerin ihren besonderen Dank aus und erwähnt die Experten vor Ort ebenfalls dankend.

Bezugnehmend auf die Ergebnisse der NFK erklärte Frau Langensiepen, dass weit über 3100 Artnachweise erbracht wurden, die sich auf 269 Fundorte verteilen. Die Stadt Ansbach verfüge über wertvolle Habitate, insbesondere auch Highlights wie das Scheerweiherareal. Jedoch musste auch wahrgenommen werden, dass sich etliche der Lebensräume nicht in gutem Zustand befänden.

Die Ergebnisse der NFK können von den Naturschutzbehörden digital abgerufen werden oder projektbezogen beim Landesamt angefordert werden. Aufgrund von illegalen Sammlungen seltener Tierarten oder Ausgrabung von Pflanzen werde die NFK jedoch nicht öffentlich zugänglich gemacht.

Abschließend bittet sie darum, dass man sich auch in finanziell schweren Zeiten für den Erhalt und die Pflege der Naturschätze in der Stadt Ansbach einsetzen möge.

 

Zum Abschluss überreicht Frau Langensiepen Frau Oberbürgermeisterin Seidel ein Exemplar des Abschlussberichts.

 

Im Anschluss stellt Herr Dipl.-Biol. Georg Waeber von der Ökologisch-Faunistischen Arbeitsgemeinschaft (ÖFA) die Ergebnisse der NFK im Detail vor. Insgesamt seien 269 Flächen im Stadtgebiet überprüft worden. Dabei seien die Tierartengruppen Reptilien, Amphibien, Libellen, Heuschrecken, Tagfalter und Totholzkäfer sowie die Brutplätze und Standorte einiger ausgesuchter Vogel- und Pflanzenarten untersucht worden.

Herr Waeber stellt anhand von Bildern und Kartenmaterial das Untersuchungsspektrum dar und erläutert die verschiedenen Ergebnisse.

 

So seien z.B. bei den feldbrütenden Vögeln Kiebitze bei Mittelbach aufgefunden worden. Die Feldlärche hingegen sei im gesamten Stadtgebiet ausgemacht worden. Erfreulich seien auch 13 Fundorte für das Rebhuhn.

Bei den gehölzbrütenden Vogelarten war beispielsweise ein Nachweis von sechs Fundorten für den Wendehals zu verzeichnen. Dieses Ergebnis sei zwar gut, aber der Vogel sei nicht mehr an allen früheren Fundorten zu verzeichnen. Die fehlende Verbreitung des Gartenrotschwanzes und des Baumpiepers (jeweils nur 1 Fundort) sei hingegen besorgniserregend.

Im Bereich der Gebäudebrüter seien bei den Dohlen mehr als 50 Brutpaare zu verzeichnen gewesen. Negativ hervorzuheben seien hier leider die katastrophalen Ergebnisse im Hofgarten, wo die Dohlen eigentlich traditionell angesiedelt waren. Dort seien diese zwischenzeitlich verschwunden. Dies werde auf ein falsches, zu Brutzeiten durchgeführtes, Baumpflegemanagement zurückgeführt.

Bei den Reptilien hebt Herr Waeber zehn Nachweise von Blindschleichen hervor. In diesem Zusammenhang dankt er auch den Bürgern, die durch ihre Meldungen nach einem Zeitungsaufruf, zu den guten Zählergebnissen beigetragen haben.

Bei den Amphibien sei die schlechter werdende Wasserqualität ein Problem; so seien die Fundorte für Kammmolche (4 Fundorte) oder für Laubfrösche (14 Fundorte) rückläufig.

Insgesamt 31 Libellenarten konnten in Stillgewässern gefunden werden.

Bei den Tagfaltern und Widderchen sei auf Magerrasen insgesamt ein stark rückläufiger Trend bei anspruchsvollen Arten zu verzeichnen. Insgesamt wurden 57 Arten auf 72 dokumentierten Flächen nachgewiesen.

Auch bei den Heuschrecken seien die Magerrasenarten stark rückläufig, während bei den in Feuchtgebieten lebenden Arten teilweise ein positiver Trend zu verzeichnen sei. Es wurden insgesamt 29 Heuschreckenarten auf 79 Flächen nachgewiesen.

Bezüglich der Totholzkäfer konnten gerade im Bereich des Scheerweihers und in den Hutungen am Rother Berg äußerst erfreuliche Funde gemacht werden. Wie Herr Waeber berichtet, schätze Herr Dr. Heinz Bussler, der beauftragte Gutachter für die Totholzkäfer, die dort gemachten Funde von 78 bzw. 79 Arten inklusive Eremiten und weiterer Urwaldreliktarten als Funde von landesweiter Bedeutung ein. Ein weiterer Standort mit ähnlichem Artenbestand sei in Bayern nicht bekannt.

 

Herr Stadtrat Hillermeier erkundigt sich nach dem Vortrag von Herrn Waeber nach dem Vorgehen bei der Kartierung sowie den benutzten Arbeitsmitteln. Herr Waeber führt dazu aus, dass beispielsweise ein Nachweis der Kammmolche über Kleinfischreusen erfolge oder Heuschrecken und Tagfalter mit einem einfachen Kescher eingefangen würden.

 

Im zweiten Teil des Vortrages erläutert Herr Dipl.-Biol. Ulrich Meßlinger die Schlüsse, die aus der NFK gezogen werden können. Die Daten seien Grundlage für die Aktualisierung der regionalen Tier- und Pflanzenwelt und eine wichtige Arbeitsgrundlage im Naturschutz und in der Landschaftspflege. Ziele und Maßnahmen, die sich etwa durch klimatische Entwicklungen verschoben haben, können mit den Ergebnissen der NFK neu abgestimmt werden.

Um einen erfolgreichen Artenschutz betreiben zu können, müssten die verschiedenen zuständigen Stellen querschnittsorientiert zusammenarbeiten. Die NFK zeige viele Umsetzungshinweise und Handlungsoptionen auf.

Herr Meßlinger weist im weiteren Vortrag auf die Hauptverpflichtungen aus dem Naturschutzgesetz hin. Demnach sollen alle heimischen Tier- und Pflanzenarten in ihren typischen Lebensräumen dauerhaft erhalten werden und Fließgewässer in einen guten ökologischen und chemischen Zustand erhalten bzw. gebracht und wirksame Biotopverbünde hergestellt werden.

Die NFK gäbe, insbesondere auch für die Stadtplanung, wichtige Hinweise über sensible Bereiche und Verbreitungsschwerpunkte wertgebender Arten. Sie diene als Vergleichsbasis für Eingriffsbewertungen und gäbe Hinweise auf sinnvolle Ausgleichs- und Ökokontoflächen.

Herr Meßlinger erläutert weiter, dass beispielsweise auch durch die humusarme Gestaltung von Böschungen Lebensräume und Korridore geschaffen und gleichzeitig auch der Pflegeaufwand verringert werden könne. Besonders zu intensive Pflege und Mulchen seien für die Erhaltung der Artenvielfalt schlecht bzw. tödlich. Als Negativbeispiel führte der Redner hier die gemulchten Grabenbereiche am TIZ an. Die NFK gibt auch Beispiele, wo eine schonendere Pflege erforderlich wäre.

Um dem Brutplatzverlust bei Vögeln vorzubeugen gibt die NFK Hinweise, wie beispielsweise künstliche Nisthilfen bei Planungen berücksichtigt werden könnten. Auch für Kiebitze, die am Boden brüten, gäbe es Möglichkeiten um in Absprache mit den Bauern und gegen Erstattung eines Entgelts für den Nutzungsausfall sog. „Kiebitzfenster“ auf den Äckern abzugrenzen.

Fischteiche erfüllten nur bei extensivem Fischbesatz und reichhaltigem Bewuchs eine Lebensraumfunktion. Die finanziellen Rahmenbedingungen um eine solche Bewirtschaftung attraktiv zu machen, böte der Vertragsnaturschutz.

Um in Hutungen dem bereits spürbaren, starken Rückgang von Magerrasenbewohnern vorzubeugen, sollte die Beweidung optimiert und zu starke Verbuschung vermieden werden. Die NFK gäbe Aufschluss darüber, welche Flächen hier vordringlich seien.

 

Defizitär seien in Ansbach die Fließgewässer. Hier empfehle die NFK die Ufervegetation stehen zu lassen und Uferstreifen im städtischen Eigentum konsequent zu Biotopverbundelementen weiter zu entwickeln.

 

Abschließend weist Herr Meßlinger noch darauf hin, dass die NFK eine Momentaufnahme darstelle. Die Naturschutzarbeit müsse die Wirkung von Maßnahmen dauernd überprüfen und flexibel auf Veränderung reagieren. Sowohl Fachleute, wie auch die Bevölkerung oder auch Schulen sollten eingebunden werden, um die dauerhafte Aufgabe, nämlich die Sicherung eines erlebenswerten Stadtgebietes, zu bewältigen. Ein Ziel, das sich lohne.

 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel bedankt sich für die Vorstellung der NFK und betont das positive Fazit. Dennoch müsse unsere Natur beständig gepflegt und erhalten werden.

 

Herr Stadtrat Hillermeier erfragt die Gesamtkosten der NFK. Diese werden von Herrn Fritsche auf insgesamt 89.000 € beziffert, wovon vom Landesamt 60 %, also 53.000 €, übernommen wurden. Herr Brenner betont, dass die Kosten, die der Stadt Ansbach entstanden sind, aus einem Budgetüberschuss des Umweltamtes stammen.

 

Herr Stadtrat Hüttinger erinnert an positive sowie negative Beispiele in den Vorträgen. Es seien in den letzten Jahren nur wenige naturschutzrechtliche Vorhaben auf den Weg gebracht worden. Es sei sehr wichtig durch Programme und auch durch eigene Mittel die Sache voranzutreiben. Weiter erkundigt er sich, ob schon Schutzmaßnahmen ergriffen wurden um Biotope zu schützen oder zu verbessern. Herr Brenner erläutert hierzu, dass dem Umweltamt die NFK auch bislang nicht in der Endfassung vorlag. Es solle eine Priorisierung vorgenommen werden und eine Abstimmung mit anstehenden Projekten erfolgen.

 

Herr Stadtrat Sauerhammer ist der Überzeugung, dass weitere Landschaftsschutzgebiete nichts bringen würde. Da bereits jetzt viele Flächen in städtischen Eigentum seien, mache es keinen Sinn in Privatbesitz einzugreifen um weitere Landschaftsschutzgebiete auszuweisen. Es gäbe zuerst genügend auf den städtischen Flächen zu tun.

 

Herr Stadtrat Meyer empfindet es als bedauerlich, dass die Biotopflächen am Urlas nicht kartiert wurden. Herr Meßlinger und Herr Waeber betonten, dass hierfür keine Beauftragung vorlag. Er erkundigt sich weiter, wie die weitere Beteiligung des Landesamtes oder des Freistaates aussähe bzw. inwiefern Fördergelder des Freistaates zur Verfügung ständen. Frau Langensiepen betont, dass mit der NFK eine Grundlage für weitere Projekte geschaffen wurde. Eine darauf aufbauende Planung durch das Landesamt erfolge nicht. Nun sei die Kommune am Zug.

 

Frau Oberbürgermeisterin Seidel betonte, dass anstehende Maßnahmen dahingehend betrachtet werden sollen, ob die Empfehlungen der NFK umgesetzt werden können.

 

Herr Stadtrat Forstmeier erkundigt sich, ob es Erkenntnisse darüber gäbe, wie die Stadt Ansbach im Vergleich zu anderen kreisfreien Städten aufgestellt sei. Weiter betont er, dass es sich bei der NFK um qualitative Aussagen bezüglich der Artenvielfalt handle und erkundigt sich, ob auch quantitative Aussagen getroffen werden könnten.

Frau Langensiepen erklärte hierzu, dass in der Biotopkartierung Ansbach mit 6,2 % Biotopfläche im Mittelfeld läge. Der Durchschnitt der bayerischen kreisfreien Städte läge hier bei ca. 10 %.

Eine Aussage zur quantitativen Entwicklung einzelner Arten erfordere laut Herr Meßlinger ein beständiges Monitoring um auch Populationsschwankungen mit zu erfassen.

 

Herr Stadtrat Hüttinger erinnert an das Gewässerentwicklungskonzept durch welches Zuschüsse für Maßnahmen erwirkt werden könnten und machte dies am Beispiel des Eichenbachs deutlich.

 

Natur unterliege einem stetigen Wandel referiert Herr Stadtrat Enzner. Die Natur und die Tierbestände veränderten sich. Er selbst habe in Mittelbach die Beobachtung gemacht, dass dort Kiebitze und auch Rabenvögel noch sehr zahlreich vorkommen.