Tagesordnungspunkt

TOP Ö 6: Bauvorhaben Finkenstraße, Meinhardswinden;
Grundsatzentscheidung

BezeichnungInhalt
Sitzung:15.01.2018   BA/001/2018 
Beschluss:Mehrheitlich beschlossen.
Abstimmung: Ja: 9, Nein: 3
Vorlage:  30/003/2018 
DokumenttypBezeichnungAktionen
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Herr Wolter stellt nachstehenden Sachverhalt vor.

 

I. Sachverhalt

 

I.0. Situation

Die Finkenstraße verläuft am südlichen Ortsrand von Meinhardswinden; ihre Bebauung ist durch die im Bebauungsplan festgesetzten Doppelhäuser in offener Bauweise geprägt. Die Grundstücksbreiten betragen in West-Ost Richtung ca. 12,50m, die jeweiligen Doppelhaushälften sind in einem Abstand von ca. 4,00m zu einer seitlichen Grundstücksgrenze errichtet, dort wird der entsprechende Stellplatznachweis erbracht.

 

I.I. Bauwunsch

Der Bauwerber beabsichtigt einen zweigeschossigen Anbau an seine

Doppelhaushälfte in Form eines Anbaus an die westliche Nachbargrenze.

Dieser Anbau wird die bisherige Wohnfläche erweitern und eine zweite,

eigenständige Wohneinheit beinhalten.

 

I.II. Planungsrechtliche Festsetzungen

Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 18 (trat in Kraft

am 6.8.1969), dieser setzt für das betroffene Flurstück allgemeines Wohngebiet WA

fest, eine GRZ von 0,4 und eine GFZ von 0,7 sowie die Zulässigkeit von Einzel- und

Doppelhäusern in der offenen Bauweise.

Auf dem Grundstück regelt eine Baugrenze die überbaubare Grundstücksfläche, ein

Teilbereich der überbaubaren Grundstücksfläche ist als Fläche für Garagen (§ 9 Abs.

1 Nr. 1e BBauG 1960) festgesetzt.

 

 

II. Befreiungen

 

II.0. Notwendige Befreiungen

Der geplante Wohnhausanbau befindet sich zu überwiegendem Teil in der Fläche für

Garagen und steht zudem auf der Grundstücksgrenze.

Zur Realisierung des Bauvorhabens sind folgende Befreiungen vom maßgeblichen

Bebauungsplan notwendig:

 

·         Überschreitung der Baugrenze im Süden auf einer Fläche von ca. 30m²

·         Bebauung der für Garagen und deren Zufahrten festgesetzten Fläche

·         Abweichende Bauweise statt offener Bauweise mit Einzel- und Doppelhäusern (kein Grenzabstand im Westen, halboffene Bauweise)

 

II.I. Beurteilung der notwendigen Befreiungen

Die zu befreiende Festsetzung der Baugrenze ist dann nachbarschützend, wenn die Festsetzungen des Bebauungsplanes dazu führen, dass benachbarte Grundstücke wechselseitig von der Einhaltung der Festsetzungen profitieren (König/Roeser/Stock § 23 Rn. 35). Das ist im vorliegenden Fall aufgrund der Anordnung der Garagen in den rückwärtigen Bereichen der Grundstücke, bei denen die Wohngebäude nicht aneinandergebaut sind, der Fall. Hier soll der rückwärtige Gartenbereich vor der direkten Einsicht und Verschattung durch eine Hauptanlage auf dem Nachbargrundstück verhindert werden. Ein Nachbarschutz ergibt sich also aus der Festsetzung der Baugrenzen in Verbindung mit der Festsetzung der Flächen für Garagen. Aus dieser ergibt sich schließlich, dass im Bereich der für Garagen festgesetzten Flächen nur Garagen mit einer Höhe von 2,50 Metern zulässig sind.

 

Abbildung 1: Ausschnitt Bebauungsplan Nr. 18

Die zu befreienden Festsetzung der Bauweise ist ebenfalls nachbarschützend – Nachbarn können vom Grundstückseigentümer auf Grundlage dieser Festsetzung die Wahrung des Grenzabstand verlangen (OVG Schleswig Urt. v. 31.08.2006 – 1 MB 25/05; VGH Mannheim Beschl. v. 1.3.1999 – 5 S 49/99, ESVGH 49, 237). Laut Kommentierung wird die wechselseitige Abhängigkeit der unmittelbar benachbarten Grundstücke bei den Beschränkungen, die sich bei Doppelhäusern und Hausgruppen aus dem Gebot eines verträglichen und aufeinander abgestimmten Aneinanderbauens an der gemeinsamen Grenze ergeben, besonders deutlich (König/Roeser/Stock, § 23 Rn. 34). Auch die im vorliegenden Fall existierende Begrenzung der in offener Bauweise zulässigen Hausformen dient dem Nachbarschutz, wenn sich diese auf Grenzabstand und Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grenze auswirkt. Eine Befreiung würde im vorliegenden Fall insofern in den Nachbarschutz eingreifen.

 

Grundsätzlich städtebauliche Bedeutung kommt, neben dem dargestellten Nachbarschutz, der begehrten Befreiung von der offenen Bauweise zum einen durch den Umstand der Ortsrandlage zu. Planerischer Wille war augenscheinlich ein offener Siedlungsrand, Abweichungen sind lediglich für erdgeschossige Garagen und Nebenanlagen mit einer maximalen Höhe von 2,50m vorgesehen. Weiterhin löst das Bauvorhaben zusätzliche Stellplätze aus, welche nach vorliegender Planung nicht auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden sollen. Eine Ablöse dieser würde in der durch enge Wohnstraßen geprägten Lage weitere Präzedenzfälle bedeuten. Der Bauwerber beabsichtigt jedoch diese auf einem naheliegenden Grundstück der Familie entsprechend der Regelungen der Stellplatzsatzung der Stadt Ansbach dinglich gesichert nachzuweisen.

 

III. Grundsatzentscheidung

 

Herbeizuführen ist eine Grundsatzentscheidung für den maßgeblichen Bereich des Bebauungsplanes, der durch die in Rede stehenden Festsetzungen zu Baugrenze, Bauweise und Flächen für Garagen geprägt wird, zugunsten notwendiger Befreiungen unter folgenden Ausnahmetatbeständen:

 

1. Sämtliche, von der Befreiung betroffene Nachbarn stimmen der bauordnungsrechtlichen Abweichung von den Abstandsflächen zu (hier: Antrag auf isolierte Abweichung),

 

2. die ausreichende Belichtung und Belüftung wird nicht beeinträchtigt und

 

3. der für die Erweiterung notwendige Stellplatzbedarf kann insgesamt im Sinne der Stellplatzsatzung der Stadt Ansbach entsprechend der jeweils gültigen Fassung real nachgewiesen werden. Dies begründet sich aus einem begrenzten öffentlichen  Raum im Plangebiet, der in Verbindung mit einer Ablöse zu erheblichen Spannungen führen kann.

 

In der anschließenden Aussprache wird:

 

  • angefragt, ob der zu treffende Beschluss künftig für alle Bauvorhaben in diesem Bereich gelten werde.

Herr Wolter antwortet, dass für jedes künftig geplante, vergleichbare Bauvorhaben die jeweils angrenzenden und benachteiligten Nachbarn werden zustimmen müssen.

Frau OB Seidel fügt ergänzend hinzu, dass alle Bauvorhaben vor allem auf Grund der beengten Gegebenheiten bezüglich des Parkens immer neu abzustimmen  seien.

  • angefragt, wie viele Stellplätze zusätzlich erforderlich werden. Diese seien real und nicht durch Ablöse nachzuweisen.

Herr Wolter antwortet, dass nach aktueller Stellplatzsatzung und aufgrund der Fallkonstellation zwei zusätzliche Stellplätze nachgewiesen werden müssen.

  • angemerkt, dass es sich bei dem Beschluss um eine weitreichende Entscheidung für den ganzen Ortsteil handele. Eine Sichtung der Gegebenheiten vor Ort sei vor Beschlussfassung wünschenswert.
  • eingebracht, dass durch die Beschlussfassung eine sinnvolle Nachverdichtung realisiert werden könne.
  • angefragt, ob der Nachbar, an dessen Grenze gebaut wird, auch ein Anbaurecht habe.

Herr Wolter antwortet, dass der Nachbar ebenfalls ein Anbaurecht habe, jedoch auch die weiteren Ausnahmetatbestände des Beschlusses erfüllt sein müssen.

  • gebeten, den Tagesordnungspunkt in die Fraktionen zu verweisen und einen Ortstermin zu vereinbaren.

Frau OB Seidel erklärt sich mit dem Vorschlag einverstanden, sollte dieser vom Gremium mehrheitlich gewünscht werden.

Herr Sauerhammer stellt in diesem Zusammenhang den Antrag über die Abstimmung zur Vereinbarung eines Ortstermins.

 

Frau OB Seidel bittet die Mitglieder des Bauausschusses um Abstimmung den Tagesordnungspunkt in die Fraktionen zu verweisen und einen Ortstermin zu vereinbaren.

Der Antrag wird gegen vier Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

 

Frau OB Seidel bittet den Ausschuss über den vorgetragenen Beschlussvorschlag abzustimmen.

 


Beschluss:

 

Der Bauausschuss beschließt, die notwendigen Befreiungen für das Bauvorhaben unter den oben genannten Voraussetzungen Nrn. 1-3 zu erteilen und diese Befreiungen unter den genannten Ausnahmetatbeständen auch weiteren Bauwerbern mit vergleichbaren Festsetzungs- und Grundstückskonstellationen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 18 zu gewähren.