Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 07.03.2017 HFWA/003/2017 |
Beschluss: | In die Fraktionen verwiesen. |
Vorlage: | REF2/003/2017 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Vorlage 195 KB | ||
Briefwahl_Bürgerentscheid Antrag der SPD Fraktion vom 08.12.2016 85 KB |
Herr Kleinlein erläutert den Sachverhalt wie folgt:
I. Zulässigkeit
Mit Schreiben vom
15. April 2016 hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und
Verkehr dem Würzburger Oberbürgermeister auf dessen Anfrage hin mitgeteilt,
dass ein Verbot der Übersendung von Briefabstimmungsunterlagen zusammen mit den
Abstimmungsbenachrichtigungskarten ohne vorherigen Antrag dem Gesetz,
insbesondere Art. 18a Abs. 10 Satz 4 GO, nicht zu entnehmen, somit also
zulässig, sei. Die Gemeinden könnten eine solche Übersendung von
Briefabstimmungsunterlagen im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts
in einer Satzung nach Art. 18a Abs. 17 Satz 1 GO vorsehen.
Auf Grundlage des
Schreibens an die Stadt Würzburg hat der Bayerische Städte- und Gemeindetag das
Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gebeten, nähere
Auskünfte zur Satzungsregelung und zum Verfahren zu geben. Dieser Bitte kam das
Innenministerium nicht nach. Weitergehende Hilfestellungen seien nicht geplant.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich deshalb auf bereits vorhandene
Erfahrungen anderer Städte mit Briefwahl-Bürgerentscheiden und auf einschlägige
Rechtsprechung.
II. Durchführung
„Briefwahl-Bürgerentscheide“
wurden bereits in Aschheim, Freising und Pfaffenhofen an der Ilm durchgeführt.
In Pfaffenhofen war eine Abstimmungsbeteiligung von knapp sechzig Prozent festzustellen.
Davon haben über neunzig Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit der
Briefwahl genutzt. Die Erfahrungen der Städte sind grundsätzlich gut.
Allerdings war die Einführung der generellen Briefwahlmöglichkeit mit einem
beträchtlichen Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden.
Die Durchführung
eines Bürgerentscheids ausschließlich
per Briefabstimmung ist nach Auffassung des Innenministeriums mit dem Grundsatz
der geheimen Wahl nicht vereinbar.
Nach einer jüngeren Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom
21.12.2015 gelten für die Abstimmung über den Bürgerentscheid die
Wahlrechtsgrundsätze des Art. 12 Abs. 1 BV i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BV
entsprechend. Eine generelle, ausschließliche Briefabstimmung beinhaltet die
Gefahr, dass eine, insbesondere auch von Familienangehörigen, unbeeinflusste
Abstimmung nicht gewährleistet werden kann. Zwar ist eine Beeinflussung im
Vorfeld auch bei einem Urnengang nicht ausgeschlossen, eine unbeeinflusste Abgabe
der Stimme im Abstimmungslokal ist aber in jedem Fall möglich. Es sind deshalb
in jedem Fall wenigstens so viele Wahllokale vorzuhalten, dass eine
ordnungsgemäße Stimmabgabe in zumutbarer Erreichbarkeit ermöglicht wird. Zur
effektiven Wahrung des Wahlgeheimnisses wie auch aus personellen Gründen muss
jedoch bei Einführung der kombinierten Brief- und Urnenabstimmung eine
deutliche Reduzierung der bisherigen Anzahl von Wahllokalen vorgenommen werden.
Die verbleibenden Wahllokale werden zentral gelegen sein. Das bedeutet, dass
insbesondere die Abstimmenden aus den Ortsteilen nicht mehr in
"ihrem" regulären Abstimmungslokal abstimmen können.
III. Umsetzung
Von Ansbach in
Größe vergleichbaren Städten in Bayern (Schwabach, Amberg, Weiden, Coburg,
Kaufbeuren, Memmingen) hat bisher lediglich die Stadt Memmingen Erfahrungen zu
dem Thema gesammelt. Dort hat sich der Stadtrat bereits mit einem
entsprechenden Antrag auf Änderung der Satzung befasst, hat diesen aber letztendlich
im Hinblick auf Bedenken bezüglich der Grundsätze der geheimen und freien Wahl
abgelehnt. Weitere Aspekte waren die gegenüber einer herkömmlichen Abstimmung
höheren Kosten sowie die Verärgerung und Verunsicherung der Abstimmenden in
Kommunen, die das „neue“ Verfahren bereits umgesetzt hatten (insbesondere
Freising).
IV. Mehrkosten
Durch die
Einführung des beantragten Briefwahl-Bürgerentscheides, bei dem allen
Abstimmungsberechtigten unabhängig von einem entsprechenden Antrag bereits
zusammen mit der Abstimmungsbenachrichtigung Briefabstimmungsunterlagen
zugesendet werden, wäre mit Mehrkosten mindestens in folgender Höhe zu rechnen
(Kalkulationsgrundlage: 33000 Abstimmungsberechtigte):
Materialkosten Einzelpreis
Gesamtpreis
Merkblatt für Briefabstimmung 0,11 € 3.630,00 €
Abstimmungsbrief rosa 0,15 € 4.950,00 €
Stimmzettelumschlag
weiß 0,10 € 3.300,00 €
Summe 11.880,00
€
Mehrwertsteuer 2.257,20
€
Mehrkosten
Material 14.137,20 €
Portomehrkosten 0,50 € 16.500,00 €
(Unterschied Versand Briefwahlunterlagen im
Vergleich zu reiner Wahlbenachrichtigung)
Gesamtmehrkosten 30.637,20
€
Die Personalkosten für das Verpacken und Versenden der Unterlagen wurden
bei dieser Berechnung nicht
berücksichtigt; diese Kosten wären noch hinzuzurechnen.
Zudem müssen - wie unter II. ausgeführt – auch mehrere Abstimmungslokale
bereitgehalten und besetzt werden, um reguläre Urnenabstimmungen zu
ermöglichen. Dort wird noch eine gewisse Anzahl von Stimmzetteln benötigt
werden, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass jeder seinen
Stimmzettel, den er per Post erhalten hat, mitbringt.
Beim letzten Bürgerentscheid der Stadt Ansbach im Frühjahr 2016 gab es
ca. 2000 Briefabstimmer.
Herr Porzner sieht in Ansbach einen gewissen Handlungsbedarf um zu einer höheren Wahlbeteiligung zu kommen. Diese läge weit unter dem Bundesdurchschnitt, was aus demokratischer Sicht schade sei. Er befürwortet deshalb die Briefwahl, um die Demokratie zu wahren. Die Mehrkosten sollen deshalb vertretbar sein, man könne hierdurch die Wahllokale deutlich reduzieren und es darf hier nicht an den Kosten scheitern.
Herr Sauerhöfer bittet darum, dies in die jeweiligen Fraktionen zu verweisen, da noch gewisser Diskussionsbedarf vorhanden sei.
Herr Hüttinger gibt zu beachten, dass es hier nicht ums Geld ginge. Der Stadtrat solle im Einzelfall darüber entscheiden, wie bei jedem einzelnen Bürgerentscheid verfahren werden soll.
Herr Kleinlein entgegnet, dass dies nicht das Ziel der Satzungsänderung sei, vielmehr sollen im Falle einer Änderung die Unterlagen für eine Briefabstimmung immer zusammen mit der Benachrichtigung versendet werden.
Herr Porzner ergänzt, dass dies auch vom Antragsteller so gedacht ist.
Herr Illig fragt an, ob der Beschluss dazu diene das Verfahren des Bürgerbegehrens zu vereinfachen oder ob es hier nur um die Bürgerentscheide gehe.
Herr Dr. Kupser unterstützt den Antrag der SPD, da er erhofft, dass mehr Bürger an der Wahl teilnehmen werden. Herr Meyer gibt zu bedenken, dass „Bürgerbegehren“ und „Bürgerentscheide“ zu trennen seien. Es läge eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung in Ansbach vor, er spreche sich hier für mehr Demokratie in Ansbach aus.
Frau OB Seidel sieht die Möglichkeit einer höheren Beteiligung bei einer Briefwahl. Sie weist aber auch darauf hin, dass hier abgewogen werden müsse zwischen diesem positiven Effekt und einer möglichen Beeinträchtigung der geheimen und freien Wahl. Zudem bittet sie darum, die Beteiligung an Wahlen nicht mit der Beteiligung an Bürgerentscheiden gleichzusetzen.
Herr Schaudig erklärt, es gehe hier um eine geheime und freie Wahl. Nach gesetzlicher Vorschrift solle die Briefwahl nur in Ausnahmefällen, wie z.B. Krankheit oder Urlaub in Anspruch genommen werden. Die Freiheit der Wahl stehe hier im Vordergrund.
Beschluss:
Die Verwaltung wird beauftragt, in die Satzung zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden (BBS) der Stadt Ansbach die Möglichkeit zur Durchführung einer kombinierten Brief- und Urnenabstimmung aufzunehmen.