Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Festsetzung eines Verbots von Stacheldraht in der Bauleitplanung -
Antrag der BAP

BezeichnungInhalt
Sitzung:19.06.2023   BA/006/2023 
Beschluss:Einstimmig beschlossen.
Vorlage:  30/022/2023 

Herr Büschl trägt den Antrag der BAP bezüglich der Festsetzung eines Verbots von Stacheldraht in der Bauleitplanung vor.

 

Die Bürgerinitiative Ansbacher Parteiloser (BAP) hat am 29.03.2023 einen Antrag verfasst,

1. um einen Grundsatzbeschluss zu erwirken mit dem Ziel, bei allen künftigen Bebauungsplänen (soweit nicht aufgrund anderer Gesetze oder Verordnungen bereits verboten) ein Verbot der Verwendung von Stacheldraht (explizit S-Draht, Z-Draht, Klingendraht, Bandstacheldraht oder Widerhakensperrdraht) als Teil der Einfriedung aufzunehmen.

2. Bei bestehenden, rechtskräftigen Bebauungsplänen wird beantragt, dass ein Verbot in die Baugenehmigung aufgenommen wird. Sollte dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich sein,

3. dann wird die Aufnahme eines gleichlautenden Verbots bei Erwerb eines städtischen Grundstücks im Notarvertrag beantragt.

 

Begründet werden die Anträge damit, dass Stacheldraht eine tödliche Falle für viele Wildtiere sei und erhebliche Verletzungsgefahren für Mensch und Tier berge.

 

Zudem wird auf gesetzliche Regelungen in der Schweiz und Österreich verwiesen sowie der Grundsatz betont, dass von Einfriedungen keine Gefährdungen ausgehen dürfen und diese jederzeit standsicher sein müssen. Aus diesem Grunde dürfen beispielsweise in Wohngebieten keine Zäune mit Stacheldraht ausgeführt werden, da solche Zäune eine hohe Verletzungsgefahr mit sich bringen.

 

Durch die Verwaltung wurde im Bauausschuss vom 17.04.2023 bereits eine erste Stellungnahme abgegeben. Außerdem wurde folgender Beschluss gefasst:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme der folgenden Festsetzung in Bebauungsplänen zu prüfen:

 

„Festsetzungen von Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB

 

Zur Vermeidung von Risiken insbesondere für Greifvögel ist ein Übersteigschutz der Umzäunung auf das sicherheits- bzw. versicherungstechnisch notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Eine Ausführung als einfach gespannter einreihiger Stacheldraht ist zulässig. Der Einsatz von Klingendraht (sog. Nato-Draht) oder Bandstacheldraht sowie die Verlegung von spiralförmig entfalteten Drahtrollen ist nicht zulässig. Oberhalb des Stacheldrahts ist zum Schutz vor Verletzungen im Fall der Nutzung als Ansitzwarte ein weiterer stachelloser Draht zu montieren.“

 

Die Stellungnahme der Verwaltung nach entsprechender Prüfung zum Grundsatzbeschluss künftiges Stacheldrahtverbot in der Bauleitplanung lautet wie folgt:

 

Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB können unter folgenden Voraussetzungen getroffen werden:

 

„Die Flächen und Maßnahmen müssen dem Schutz, der Pflege und der Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft dienen. Die grundsätzlich in Betracht kommenden Maßnahmen sind vielfältig; insofern kann auf die im Naturschutzrecht bezeichneten Ziele und Maßnahmen zurückgegriffen werden (vgl. zB § 1 BNatSchG).“

(EZBK/Söfker, 147. EL August 2022, BauGB § 9 Rn. 158, beck-online)

Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten „wild lebende Tiere ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten.“

 

„Ein vernünftiger Grund liegt vor, wenn die in Rede stehende Handlung nach dem Urteil eines durchschnittlichen und für den Gedanken des Naturschutzes aufgeschlossenen Betrachters sachlich gerechtfertigt ist.“ (Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 99. EL September 2022, BNatSchG § 39 Rn. 6)

 

Im Regelfall wird eine sachliche Rechtfertigung für eine Einfriedung mit Stacheldraht nicht gegeben sein. Der übliche Sinn einer Einfriedung kann beispielsweise auch durch Maschendraht- oder Stabgitterzäune erreicht werden. Die sachliche Rechtfertigung ist in Ausnahmefällen gegeben, wenn einzelnen Einrichtungen (z.B. JVA, Militär) ein besonderer Schutzcharakter zugeschrieben wird und/oder die Verwendung von Stacheldraht rechtlich vorgeschrieben ist.

 

Eine sachliche Rechtfertigung für die Errichtung von Stacheldrahtzäunen ist nicht schon dann gegeben, wenn dadurch Versicherungskosten gesenkt werden können.

Herr Büschl führt aus, dass der geprüfte Verwaltungsvorschlag somit auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten dürfte.

 

In der nachfolgenden Diskussion wird von Seiten der BAP beantragt, folgende Sätze aus der Festsetzung zu streichen:

 

„Eine Ausführung als einfach gespannter einreihiger Stacheldraht ist zulässig“

 

sowie

 

„Oberhalb des Stacheldrahts ist zum Schutz vor Verletzungen im Fall der Nutzung als Ansitzwarte ein weiterer stachelloser Draht zu montieren.“

 

Über diesen Antrag lässt Herr Oberbürgermeister das Gremium abstimmen:

 

Der neue Beschlusstext lautet somit wie folgt:

 

„Festsetzungen von Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB

 

Zur Vermeidung von Risiken insbesondere für Greifvögel ist ein Übersteigschutz der Umzäunung auf das sicherheits- bzw. versicherungstechnisch notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Der Einsatz von Klingendraht (sog. Nato-Draht) oder Bandstacheldraht sowie die Verlegung von spiralförmig entfalteten Drahtrollen ist nicht zulässig. „

 

 


Beschlussvorschlag:

 

Der Bauausschuss empfiehlt dem Stadtrat folgendem Beschluss:

 

Bei der Aufstellung oder notwendiger Änderungen eines Bebauungsplans ist im Regelfall folgender Absatz mit aufzunehmen:

 

„Festsetzungen von Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB

 

Zur Vermeidung von Risiken insbesondere für Greifvögel ist ein Übersteigschutz der Umzäunung auf das sicherheits- bzw. versicherungstechnisch notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Der Einsatz von Klingendraht (sog. Nato-Draht) oder Bandstacheldraht sowie die Verlegung von spiralförmig entfalteten Drahtrollen ist nicht zulässig.“

 

Ausnahmsweise können Stacheldrahtzäune zugelassen werden, wenn sich im Rahmen der Einzelfallprüfung ergibt, dass die Einfriedung mit Stacheldraht von Einrichtungen, auf Grund deren besonderen Schutzcharakters und/oder gesetzlicher Regelungen, erforderlich und sachlich gerechtfertigt ist.