Tagesordnungspunkt

TOP Ö 4: Verbot von Stacheldraht - Antrag der Fraktion BAP

BezeichnungInhalt
Sitzung:17.04.2023   BA/004/2023 
Beschluss:Einstimmig beschlossen.
Vorlage:  30/015/2023 

Herr Büschl berichtet über den Sachverhalt. Die Bürgerinitiative Ansbacher Parteiloser (BAP) hat am 29.03.2023 einen Antrag verfasst,

 

1.       um einen Grundsatzbeschluss zu erwirken mit dem Ziel, bei allen künftigen Bebauungsplänen (soweit nicht aufgrund anderer Gesetze oder Verordnungen bereits verboten) ein Verbot der Verwendung von Stacheldraht (explizit S-Draht, Z-Draht, Klingendraht, Bandstacheldraht oder Widerhakensperrdraht) als Teil der Einfriedung aufzunehmen.

2.       Bei bestehenden, rechtskräftigen Bebauungsplänen wird beantragt, dass ein Verbot in die Baugenehmigung aufgenommen wird. Sollte dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich sein,

3.       dann wird die Aufnahme eines gleichlautenden Verbots bei Erwerb eines städtischen Grundstücks im Notarvertrag beantragt.

 

Begründet werden die Anträge damit, dass Stacheldraht eine tödliche Falle für viele Wildtiere sei und erhebliche Verletzungsgefahren für Mensch und Tier berge. Zudem wird auf gesetzliche Regelungen in der Schweiz und Österreich verwiesen sowie der Grundsatz betont, dass von Einfriedungen keine Gefährdungen ausgehen dürfen und diese jederzeit standsicher sein müssen. Aus diesem Grunde dürfen beispielsweise in Wohngebieten keine Zäune mit Stacheldraht ausgeführt werden, da solche Zäune eine hohe Verletzungsgefahr mit sich bringen.

 

Herr Büschl erklärt, dass bislang in Vorhabenbezogenen Bebauungsplänen für die Anlage von FF-PV-Anlagen bereits eine Festsetzung aufgenommen wird, die eine Einfriedung mit Stacheldraht verbietet. Bei der Aufstellung dieser Bebauungspläne nach § 12 Baugesetzbuch (BauGB) ist eine Bindung an den Festsetzungskatalog nach § 9 nicht erforderlich. Festsetzungen in einem sogenannten Angebots-Bebauungsplan sind nach § 9 BauGB dann möglich, wenn sie aus städtebaulichen Gründen erfolgen. Insoweit muss hier ein bodenrechtlicher Bezug bestehen. Durch die Verwaltung kann geprüft werden, ob eine Festsetzung in künftigen Bebauungsplänen für Gewerbegebiete und Sondergebiete Freiflächen-PV-Anlagen und dgl. wie folgt mit aufnehmen können, oder ob das nur bei konkretem artenschutzrechtlichem Verbotstatbestand (saP-Gutachten mit erhöhtem Greifvogelaufkommen) möglich wäre.

 

Nach Prüfung könnte eine Festsetzung, die sich auf § 9 Abs.1 Nr. 20 BauGB stützt, in der folgenden Form vorgesehen werden:

               

Festsetzungen von Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft.

 

Zur Vermeidung von Risiken insbesondere für Greifvögel ist ein Übersteigschutz der Umzäunung auf das sicherheits- bzw. versicherungstechnisch notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Eine Ausführung als einfach gespannter einreihiger Stacheldraht ist zulässig. Der Einsatz von Klingendraht (sog. Nato-Draht) oder Bandstacheldraht sowie die Verlegung von spiralförmig entfalteten Drahtrollen ist nicht zulässig. Oberhalb des Stacheldrahts ist zum Schutz vor Verletzungen im Fall der Nutzung als Ansitzwarte ein weiterer stachelloser Draht zu montieren.

 

Diese Festsetzung ohne Generalverbot wäre aus Sicht der Verwaltung ein sachgerechter Kompromiss, den wohl andere Kommunen auch eingegangen sind. Wie auch schon in früheren Bauausschuss-Sitzungen erwähnt, wird ein einreihiger Draht oft aus versicherungsrechtlichen Gründen verlangt und es sind der Verwaltung keine gesicherten Erkenntnisse bekannt, dass ein lediglich einreihiger Stacheldraht bereits eine Gefahr für Greifvögel darstellt. Ein Verbot in der Baugenehmigung bei rechtskräftigen Bebauungsplänen ist mangels Rechtsgrundlage nicht möglich.  Eine nachträgliche Einarbeitung in alle relevanten Bauleitpläne ist unter der Voraussetzung der Zulässigkeit grundsätzlich möglich, wäre aber mit den bestehenden personellen Ressourcen in der Verwaltung nur äußerst nachrangig machbar. Hier ist eine Aufnahme - dies dann im Falle der positiven Prüfung - immer bei Änderungsverfahren, die aus anderen (planerisch prioritären) Anlässen ohnehin anstünden, möglich.

 

Die Aufnahme eines gleichlautenden Verbots bei Erwerb eines städtischen Grundstücks im Notarvertrag wurde durch das Liegenschaftsamt geprüft. Ein Ausschluss bei notariellen Verträgen ist im Rahmen der Einhaltung des B-Planes generell möglich, jedoch ist vorab eine Beschlussfassung durch das Gremium notwendig.

 

Aus dem Gremium besteht Einverständnis, jedoch wird der Satz „Eine Ausführung als einfach gespannter einreihiger Stacheldraht ist zulässig“ kritisch betrachtet und darum gebeten, den Satz zu streichen. Es wird weiterhin darauf hingewiesen, dass ein Stacheldrahtverbot bereits bei verschiedenen Vorhabenbezogenen Bebauungsplänen beschlossen wurde. Es wird behauptet, dass Versicherungen in der Regel keine Stacheldrahtproblematik erkennen würden. Ein möglicher Konflikt zwischen der Energiewende und dem Tierschutz wird angesprochen, auf das Diebstahlrisiko von PV-Anlagen wird hingewiesen und es wird nachgefragt, ob grundsätzlich eine Befreiung von Ausnahmen möglich ist.

 

Herr Oberbürgermeister Deffner äußert Bedenken im Falle einer Klage, Behörden müssten sich stets rechtskonform verhalten. Sollte heute ein Grundsatzbeschluss gefasst werden, wird der Wortlautgeprüft, um anschließend bei positivem Ausgang in Zukunft in den Bebauungsplänen als Festsetzung mit aufgenommen zu werden.

 

Herr Büschl erklärt nochmals, dass in Vorhabenbezogenen Bebauungsplänen bereits eine Festsetzung aufgenommen wird. Nach § 31 BauGB seien generell Befreiungen, nach einem beantragten Prüfverfahren, möglich. In Bauleitplanverfahren findet eine artenschutzrechtliche Prüfung statt, um dem Arten- und Tierschutz gerecht zu werden. 

 

Herr Oberbürgermeister Deffner bittet um Abstimmung des Beschlussvorschlages mit folgender Ergänzung:  Eine Ausführung als einfach gespannter einreihiger Stacheldraht ist zulässig, sofern dies von der Versicherung des Bauherren gefordert wird.


Beschluss:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme der folgenden Festsetzung in Bebauungsplänen zu prüfen:

 

„Festsetzungen von Flächen und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB

 

Zur Vermeidung von Risiken insbesondere für Greifvögel ist ein Übersteigschutz der Umzäunung auf das sicherheits- bzw. versicherungstechnisch notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Eine Ausführung als einfach gespannter einreihiger Stacheldraht ist zulässig, sofern dies von der Versicherung des Bauherren gefordert wird. Der Einsatz von Klingendraht (sog. Nato-Draht) oder Bandstacheldraht sowie die Verlegung von spiralförmig entfalteten Drahtrollen ist nicht zulässig. Oberhalb des Stacheldrahts ist zum Schutz vor Verletzungen im Fall der Nutzung als Ansitzwarte ein weiterer stachelloser Draht zu montieren.“