Bezeichnung | Inhalt |
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Sitzung: | 20.09.2022 HFWA/008/2022 |
Abstimmung: | Ja: 8, Nein: 8 |
Vorlage: | REF4/029/2022 |
Dokumenttyp | Bezeichnung | Aktionen |
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Vorlage 376 KB | ||
Gewerbesteuerhebesatzsatzung - Entwurf vom 13.06.2022 7 KB |
Herr Jakobs gibt bekannt,
dass der Stadtrat im Zuge der Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 intensiv
über die Anpassung des Gewerbesteuerhebesatzes diskutiert hat. Der Haushalt
2022 wurde unter Zurückstellung der Beratungen hierzu beschlossen. Herr Oberbürgermeister
Deffner hat dem Stadtrat erneute Beratungen im zweiten Quartal 2022 zugesagt.
Zielstellung war
seinerzeit die Beratung unter Betrachtung der Jahresrechnung 2021 sowie eine
rechtzeitige Festlegung des Hebesatzes, um eine Sicherheit bei den
Haushaltsplanungen zu haben. Aufgrund der derzeitigen Personalsituation in der
Kämmerei kann die Vorlage der Jahresrechnung im Stadtrat erst im September
erfolgen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen werden, dass die
Jahresrechnung 2021 nur bedingt aussagekräftig ist. Ursächlich sind erhebliche
Haushaltsausgabe- und vor allem Haushaltseinnahmereste sowie weitere
Einmaleffekte, die sich auf das Ergebnis auswirken werden.
Die Haushaltsplanung für
das Jahr 2023 hat bereits begonnen. Mit Blick auf die vorgenannte
Planungssicherheit sowie möglichst frühe Veranlagung und Bescheiderstellung ist
weiterhin eine zeitnahe Festlegung des Hebesatzes sinnvoll.
Zu den wirtschaftlichen Rahmendaten:
Die Gewerbesteuereinnahmen 2021 (Plan: 15.923.400 € | Soll am 31.12.2021: 22.144.164,56
€) wie aber auch 2022 (Plan: 18.374.300 € | Soll am 13.09.2022: 25.809.289,14 €)
sind gekennzeichnet durch erhebliche Einmaleffekte. So erfolgten Nachzahlungen abzgl.
kleinerer Rückzahlungen (Δ Soll zu Steuerbetrag Veranlagungsjahr) für
Vorjahre (2021: rund 5,6 Mio. €, 2022: rund 7,4 Mio. €), wohingegen
glaubhaft avisierte Rückzahlungen in siebenstelliger Höhe bisher unterblieben
sind, aber (mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Lage) weiterhin erwartet
werden müssen. Zu berücksichtigen ist, dass die Steuerschätzung vom Mai 2022
besser ausfällt als die letzte Novemberschätzung
(2023: +3,1% à +3,6%
| 2024: +6,5% à +6,8% | 2025: +6,1% à 5,6%
| 2026: +3,4% à 3,4%).
Ausdrücklich unberücksichtigt
sind hierbei aber die Ukraine-Lage, das Steuer-entlastungsgesetz 2022 mit
Energiepreispauschale und Kinderbonus 2022, das Corona-Steuerhilfegesetz IV,
das AO-Änderungsgesetz sowie das Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz.
Die erhöhte Steuerschätzung wird eingetrübt durch einen Anstieg des Verbraucherpreisindex
von 7,9% (im Monat August ggü. Vorjahresmonat, lt. DESTATIS Pressemitteilung
Nr. 383 vom 13. September 2022). Die Bundesbank geht im Monatsbericht August 2022 von einer Inflationsrate in der
Größenordnung von 10% im Herbst aus.
Folglich ist auch im städtischen Haushalt mit erheblichen Teuerungen zu
rechnen, die nicht durch die Zuwachsraten bei der Gewerbesteuer ausgeglichen
werden können.
Es lässt sich weiter festhalten,
dass die wirtschaftlichen Prognosen zunehmend risikobehaftet sind. Insbesondere
die weltwirtschaftliche Lage beeinflusst in erheblichem und kaum vorhersehbarem
Maße die weiteren Entwicklungen.
Neben diesen
Unsicherheiten bestehen klar definierte und kaum zu minimierende Aufgaben für
die Stadt Ansbach. Im Hochbaubereich sind in der langfristigen 10-jährigen
Finanzplanung Ausgaben von rund 150 Mio. € avisiert. Hierzu zählen der Ausbau
der Kindertagesstätten, der Ausbau der Ganztagsbetreuung inkl. anstehender
Brandschutzsanierungen an Grundschulen, notwendige Brandschutzmaßnahmen an
Gymnasien, die Generalsanierung der Berufs- und Wirtschaftsschule, die
Baumaßnahmen an der historischen Gebäudesubstanz in der Innenstadt
(Rathaus/Schrammhaus, Platensches Palais, Stadthaus), die Erneuerung des
Betriebsamtes, die Schaffung eines Skateplatzes, die Erneuerung des
Zeilberggeländes u.v.m.. Im Tiefbaubereich sind im gleichen Zeitraum Ausgaben
von rund 75 Mio. € avisiert. Noch unberücksichtigt sind weitere
unvorhergesehene Maßnahmen oder weitere Investitionen, die sich für den
Klimaschutz ergeben können. Der Stadtrat hat eine von der Verwaltung
vorgeschlagene Priorisierung beschlossen, die bereits jetzt in der Umsetzung
zurückliegt. Neben der finanziellen ist auch die personelle Leistungsfähigkeit
ein Engpass für eine sofortige und zeitnahe Umsetzung aller Maßnahmen.
Des Weiteren sind noch
folgende haushaltsbeeinflussende Faktoren zu beachten:
Allen voran die Defizitentwicklung
im Gesundheitssektor, wodurch ein höherer Trägerausgleich für ANregiomed
wahrscheinlicher wird. Außerdem werden für die anstehenden Baumaßnahmen im
Ansbacher Klinikum erhebliche Baukostenzuschüsse notwendig.
Ferner erbittet auch die Ansbacher Bäder- und Verkehrsgesellschaft (ABuV)
Baukostenzuschüsse für die notwendige Sanierung des Aquella. Für die steigenden
Aufwendungen im Bereich ÖPNV hat die ABuV zuletzt erhöhte Kapitaleinlagen in
die
AVVH avisiert.
Neben den steigenden kommunalen Anteilen im Bereich der BayKiBiG-Förderung
(aufgrund eines Anstiegs der Betreuungszahlen) sind in diesem Bereich auch
steigende Tariflöhne im Sozial- und Erziehungsdienst zu finanzieren. Noch
unklar ist die Finanzierung der laufenden Kosten für den Bereich der
Ganztagsbetreuung an Grundschulen sowie für die an die Stadt Ansbach fallenden
Betreuungsfälle im Zuge der Änderungen des Bundesteilhabegesetzes.
Flankierend zur
Gewerbesteueranpassung hat die Kämmerei ein Haushaltskonsolidierungskonzept
erstellt, welches in dieser Sitzung vorgestellt wird.
Die IHK hat am 03.08.2022 die Fraktionen des Stadtrates zu
einer Gesprächsrunde eingeladen und hierbei vor allem auch auf mögliche
schädlichen Auswirkungen einer Gewerbesteueranpassung hingewiesen. Hier ist
beizupflichten, dass nach dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums Gemeinden zur Preisstabilität beitragen sollen.
Nachdem es sich bei der Gewerbesteuer nicht um eine umsatzabhängige Steuer, sondern um eine reine Gewinnsteuer handelt, sind Effekte auf die Preisstabilität allenfalls eigenkapitalmindernder Natur – da Unternehmen wirtschaftstheoretisch nicht Endverbraucher und damit Konsumenten darstellen. Inwieweit damit neue Investitionen gehemmt werden, ist angesichts der gesamtwirtschaftlichen Umstände (v.a. aufgrund der erheblichen, einer möglichen Gewerbesteueranpassung übersteigenden, Zinsmarktlage) schwer abschätzbar. Dagege stehende Personalkostensteigerungen für bspw. längere Wartezeiten bei der Zulassung von Fahrzeugen dürften bei KFZ-Händlern entsprechende steuerliche Mehraufwendungen vermutlich erheblich übertreffen.
Ohnehin sind viele Unternehmen, insbesondere Einzelunternehmer, bis zu einem Hebesatz von 400% nicht betroffen (§35 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Zuletzt wurde daher eine Anpassung des Hebesatzes auf 400% diskutiert.
Derzeit sind bei der
Stadt Ansbach 4.462 Steuerfälle veranlagt, von denen 2.076 (=44%) derzeit keine
Gewerbesteuer zahlen – entweder, weil diese nicht mehr aktiv sind oder aber
auch weil bspw. Gewerbeerträge unterhalb der Freibetragsgrenze von 24.500 €
liegen.
Von den 2.386 Zahlfällen
sind 982 Unternehmen (=42%) natürliche Personen. Diese unterliegen der
Einkommensteuer und können daher die Gewerbesteuer bis zu einem Hebesatz von
400% wieder von der Einkommensteuer absetzen. Damit wären diese Unternehmen von
einer Gewerbesteuerhebesatzanpassung netto nicht betroffen, sondern es würden
lediglich dem Freistaat Mittel entzogen.
Die Ansbacher Unternehmen
erwirtschaften nach vorgenommenen Auswertungen im Durchschnitt einen (steuerlich
zu berücksichtigenden) Gewinn von rund 34.000 €. Dies bedeutet für
Kapitalgesellschaften bei einem Hebesatz 380% eine Gewerbesteuerzahllast von
4.522 € die bei 400% auf 4.760 € ansteigen würde (+238 €/a). Bei
Personengesellschaften würde es zu einem Anstieg von 1.262 auf 1.328 € (+66€)
kommen. Je mehr/weniger Gewinn ein Unternehmen erwirtschaftet, desto niedriger/höher
fällt die steuerliche Belastung aus.
Abschließend wird auf die Erläuterungen der Kämmerei im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 verwiesen, bei denen bereits umfangreich auf Chancen wie auch Risiken einer Gewerbesteueranpassung eingegangen wurde.
Beschluss:
Alternative A:
Die beigefügte
Gewerbesteuerhebesatzsatzung (Entwurf vom 13.06.2022) mit einem Hebesatz von 400
% mit Wirkung zum 01.01.2023 wird beschlossen.
Der beigefügte Entwurf ist Bestandteil dieses Beschlusses.
Abstimmungsergebnis: Ja 8 Nein 8
Alternative B:
Die Verwaltung wird
beauftragt im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2023 weiter mit einem
Gewerbesteuerhebesatz von 380% zu planen.
Es ergeht keine
Empfehlung an den Stadtrat.
Abstimmungsergebnis: Ja 8 Nein 8
Bei Stimmengleichheit abgelehnt.