Tagesordnungspunkt

TOP Ö 1: Grundsatzbeschluss Windkraftanlage nördlich Strüth; Antrag CSU

BezeichnungInhalt
Sitzung:14.02.2022   BA/002/2022 
Beschluss:Mehrheitlich beschlossen.
Abstimmung: Ja: 15, Nein: 1
Vorlage:  30/052/2022 

Herr Büschl bezieht sich auf einen Antrag der CSU-Fraktion für einen Grundsatzbeschluss zur Errichtung einer Windkraftanlage nördlich des Ortsteils Strüth.

 

Vor Darstellung des Sachverhaltes bedankt sich Herr Büschl bei Herrn Stadtrat Sauerhammer für sein Engagement im Rahmen seiner Gespräche mit der Bevölkerung in den Ortsteilen Strüth und Kühndorf. Aufgrund der persönlichen Beteiligung wird Herr Sauerhammer nach Art. 49 der Bay. Gemeindeordnung nicht an der Diskussion und Abstimmung teilnehmen.

 

Herr Büschl verweist auf die bestehenden Windräder im Stadtgebiet Ansbach und im näheren Umkreis. Er erläutert die 10 H-Regelung und erklärt anhand einer Präsentation detailliert das geplante Vorhaben, welches als Bürgerwindkraft-Anlage betrieben werden soll. Daneben ist eine Überschreitung der bislang als Höhenbegrenzung im Stadtgebiet geltenden Maximalhöhe der Anlagen von 180m auf 200m gewünscht und der geplante Standort wird den bislang geltenden Abstand von 800m zu Wohn- und Mischbauflächen sowohl in Strüth, als auch in Kühndorf, unterschreiten. Eine große Mehrheit der Bürger aus den Ortsteilen Strüth und Kühndorf befürwortet die Anlage und legt dies in einer schriftlichen Willenserklärung dar.

 

Herr Büschl informiert über die aktuelle Rechtslage und Situation zur Windkraftnutzung in Ansbach.

 

Bereits vor Inkrafttreten der bayerischen 10 H-Reglung[1] (21.11.2014) hatte die Stadt Ansbach im Flächennutzungsplan drei Sondergebiete Windkraft ausgewiesen. Dem förmlichen Verfahren war ein umfassender Untersuchungs- und Beteiligungsprozess für das gesamte Stadtgebiet vorausgegangen, der in den Rahmenplan Windkraft mündete. Die Ausweisung der Sonderbauflächen hatte das Ziel, eine sog. Konzentrationswirkung i. S. v. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu entfalten und eine aktive Steuerung u.a. mit Schutz der Bebauung und des Landschaftsbilds erreicht. Dies bedeutet, dass an anderen Stellen im Stadtgebiet bislang keine weiteren Standorte für Windkraft zulässig sind, weil diese nach den definierten Kriterien und den Beiträgen diverser Fachbehörden auch an anderen Stellen nicht möglich sind.

 

Durch den Bau von insgesamt fünf Anlagen auf dem Ansbacher Stadtgebiet ist das abgeschätzte Potential gemäß dem städtischen Klimaschutzkonzept inzwischen ausgefüllt worden.

 

Für die definierten Flächen galt/gilt ein Bestandsschutz (Art. 82 Abs. 4 BayBO). Bislang gilt unverändert, dass bei Aufnahme weiterer Konzentrationsflächen in den FNP der Mindestabstand entsprechend 10 H zu geschützten Wohngebäuden eingehalten werden muss.

 

Da es, wie dem Antrag der CSU entnommen werden kann, einen Vorhabenträger (als noch zu gründende Gesellschaft) geben wird, ist das Bauplanungsrecht für die beabsichtigte Bürgerwindkraftanlage durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan anzustreben, um nicht an den Abstand von 10-H gebunden zu sein. Demzufolge wäre für die Einleitung eines Aufstellungsverfahrens zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ein Antrag des Vorhabenträgers und ein abgestimmter Plan erforderlich. Im sogenannten Parallelverfahren wäre dann auch eine Änderung des FNP erforderlich.

 

Das Beteiligungsverfahren sieht im Rahmen des Bauleitplanverfahrens (Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung, Beteiligung der Nachbargemeinden) die Abstimmung mit den betroffenen Nachbargemeinden vor. Bei der Abwägung ist das interkommunale Abstimmungsgebot zu beachten (erforderliche Dokumentation des Einbindens, Ermittlung und Bewertung alternativer Konzepte sowie Einbindung in die Abwägungsentscheidung)[2]. Dies gilt insbesondere dann, wenn die WKA einen Abstand von weniger als 10 H zur geschützten nächsten Wohnbebauung auf dem Gebiet der Nachbargemeinde einhalten sollen. Ein Zustimmungserfordernis der Nachbargemeinde besteht jedoch nicht, lediglich eine sachgerechte Abwägung ist im Rahmen des Bauleitplanverfahrens nötig.

 

Aus gegebenem Anlass und verfahrensökonomischen Erwägungen empfiehlt es sich jedoch, eine grundsätzliche Zustimmung des Marktgemeinderates Lehrberg analog dem hier vorliegenden Beratungsgegenstand und Beschlussvorschlag zu erwirken.

 

Betroffene Nachbargemeinde i. S. der BayBO ist jede Gemeinde, die geschützte Wohngebäude auf ihrem Gemeindegebiet in einem geringeren Abstand als dem 10-fachen der Höhe der Windkraftanlage hat.

 

Die Abstimmung mit der Landes- und Regionalplanung (Regionaler Planungsverband) erfolgt im Zuge des Bauleitplanverfahrens bzw. frühzeitig. Zur Einleitung ist eine Abstimmung mit dem Regionalen Planungsverband sinnvoll, um abzuklären, ob demzufolge auch der Regionalplan angepasst werden muss. §1 (4) BauGB erfordert die Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung. Ziel im Regionalplan für Westmittelfranken (6.2.2.1) ist, dass raumbedeutsame Einzelanlagen in der Regel in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zu konzentrieren sind. Raumbedeutsame Einzelanlagen, die den Anforderungen des regionalplanerischen Windkraftkonzeptes entsprechen, die keinen Windpark bilden oder erweitern und deren Standorte in einem Flächennutzungsplan ausgewiesen sin, können in Ausnahmefällen außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten errichtet werden.

 

Im Genehmigungsverfahren ist aufgrund der Anlagengröße regelmäßig nachfolgend zur Bauleitplanung auch ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren Voraussetzung für die Errichtung von Windkraftanlagen. In diesem werden u.a. auch entsprechende Rückbauverpflichtungen geregelt.  

 

Eine Grundsatzentscheidung für die Zulassung weiterer Windkraftstandorte im Stadtgebiet ist nur durch eine Änderung der Bauleitplanung, und gegebenenfalls auch dem entsprechenden Teileplan des Regionalplans Westmittelfranken, möglich.

 

Seites der Verwaltung wird vorgeschlagen, dem CSU-Antrag dahingehend zu entsprechen, einen Grundsatzbeschluss des Stadtrates zu fassen, um der Windenergie im Stadtgebiet mehr Raum zu geben. Zumal sich neben dem bereits in der Presse vorgestellten Vorhaben bereits andere Grundstückseigentümer gemeldet haben, welche auch zugunsten einer Errichtung einer WKA auf deren Grundstück Interesse signalisiert haben.

 

Ein Änderungsbeschluss für den Flächennutzungsplan und Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird, wie bereits erwähnt, erst nach Antrag eines Vorhabenträgers beraten und beschlossen werden können. Damit kann (im Durchführungsvertrag) auch das Ziel der Bürgerinvestitionen in die Windkraftanlage definiert werden.

 

Herr Oberbürgermeister Deffner spricht von einer beachtlichen Unterstützung durch die Bevölkerung in den Ortsteilen Strüth und Kühndorf und ergänzt, dass eine Absicherung des Vorhabens mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan realisiert werden könne.

 

Aus dem Gremium wird

 

·         das Vorhaben allgemein begrüßt.

·         auf die verstärkte Bedeutung regenerativer Energieerzeugung aufmerksam gemacht.

·         auf die Wichtigkeit einer Bürgerwindkraftanlage hingewiesen.

·         vorgeschlagen, auf die Ausschließlichkeit einer Bürgerbeteiligung zu verzichten.

·         darum gebeten, die bisherigen Auflagen hinsichtlich der Maximalhöhe und der Abstandsregelungen zu überdenken.

·         angeregt, neue geänderte Auflagen zur Maximalhöhe und Abstandsregelung zu einer Misch- oder Wohnbebauung in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen aufzunehmen.

·         nachgefragt, ob die Maximalhöhe von 200m und die Abstandsregelung von unter 800m auch für andere Windkraftvorhaben gilt.

·         angefragt, ob eine Kappung der 10 H-Regelung möglich sei.

·         um ein Schattenwurfgutachten auch für die benachbarten Dörfer (z.B. Egloffswinden) gebeten.

 

Herr Büschl erläutert, dass die Angaben zur Maximalhöhe und zur Abstandsregelung zu einer Misch- oder Wohnbebauung im Regionalplan Region Westmittelfranken in einer Verordnung zum Naturpark Frankenhöhe angegeben sind. Der Schattenwurf wird in einem entsprechenden Immissionsgutachten zu prüfen sein.

 

Durch vorrangige Bürgerbeteiligungsprojekte in einem flexiblen Rahmen können die bisherigen Rahmenbedingungen aufgewertet werden. Die Wertschöpfung in der Region, sowie das Landschaftsbild können somit erhalten werden. Weiteres Flächenpotential für Windkraftanlagen werde gesucht und geprüft. Derzeit stehen nur drei Flächen zur Verfügung, die jedoch bereits mit Windkraftanlagen belegt sind,

 

Herr Oberbürgermeister Deffner befürwortet die aktuellen Abstandsregelungen. Er begrüßt das rege Interesse der Bevölkerung und sieht aufgrund des derzeit niedrigen Zinsniveaus keine Schwierigkeiten, Bürger als Investoren zu gewinnen. Die 10 H-Regel kann im Rahmen des Bauleitverfahrens in einem vorhabebezogenen Bebauungsplan selbst durch die Stadt Ansbach überwunden werden.



[1] BayBO Art. 82 Windenergie und Nutzungsänderung ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude

(1) § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB findet auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) – sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind – und im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB einhalten.

(2) 1Höhe im Sinn des Abs. 1 ist die Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors. 2Der Abstand bemisst sich von der Mitte des Mastfußes bis zum nächstgelegenen Wohngebäude, das im jeweiligen Gebiet im Sinn des Abs. 1 zulässigerweise errichtet wurde bzw. errichtet werden kann.

 

[2] Basiert auf den Anwendungshinweisen des Staatsministeriums von 2016 zur 10-H Regelung


Beschluss:

 

Empfehlung des Bauausschusses an den Stadtrat:

 

Der Stadtrat unterstützt die regenerative Energieerzeugung durch Windkraft auf dem Ansbacher Stadtgebiet über das aktuell bestehende Ausmaß hinaus. Er spricht sich grundsätzlich für eine Änderung der bislang geltenden bauleitplanerischen Rahmenbedingungen aus. Sofern öffentlich-rechtliche Regelungen nicht entgegenstehen, soll der derzeit geltende Mindestabstand von 800m zu gemischten Bauflächen unterschritten und die Anlagengesamthöhe von 180m auf künftig bis zu 200m erhöht werden können.

 

Der Stadtrat beschließt, dass ausschließlich Windkraftanlagen mit Planungsrecht zugelassen werden sollen, welche einer überwiegenden finanziellen Beteiligung der betroffenen Bürger zugänglich sind. Dies ist im Zuge der Schaffung des Planungsrechts (vorhabenbezogene Bebauungsplanung) vertraglich abzusichern.