Tagesordnungspunkt

TOP Ö 3: Ehrenbürgerwürde aus der NS-Zeit

BezeichnungInhalt
Sitzung:18.05.2021   SR/005/2021 
Beschluss:Einstimmig beschlossen.
Vorlage:  StOB/002/2021 
DokumenttypBezeichnungAktionen

Herr OB Deffner führt aus, dass die Ehrenbürgerschaft von Kommunen gegenüber Personen ausgesprochen wird, die sich um das Wohl der Stadt und ihrer Bewohner verdient gemacht haben. Im Gegensatz dazu wurden Adolf Hitler, Ludwig Siebert, Julius Streicher sowie Paul von Hindenburg 1933 bzw. 1938 aus politischen Gründen diese Ehrenbürgerwürde verliehen.

 

Die Ehrenbürgerschaft von Paul von Hindenburg und Adolf Hitler, beantragt von der Ortsgruppe der NSDAP und dem Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot, wurde am 20.4.1933 verliehen. Drei SPD-Stadträte waren bereits in Schutzhaft oder wurden durch Repressalien an der Sitzungsteilnahme gehindert. Lediglich der SPD-Stadtrat Liebel war anwesend und stimmte gegen die Verleihung. Da Stadträte aufgrund einer unrechtmäßigen Schutzhaft an der Sitzung nicht teilnehmen konnten, war der Stadtrat nach seiner Auffassung zumindest moralisch nicht ordnungsgemäß zusammengetreten.

 

Im Jahr 1938, bei der Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Ludwig Siebert und Julius Streicher, war der Stadtrat nicht mehr demokratisch legitimiert.

 

Die Distanzierung oder Aberkennung der Ehrenbürgerschaft Hitlers und anderer NS Größen begann in einigen Städten unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg -  zum Beispiel 1945 in München und Würzburg, 1946 in Neustadt an der Aisch und Coburg sowie 1948 in Berlin. Es handelt sich also nicht um ein Thema, das erst in der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart Bedeutung erlangte. Gleichwohl waren diese Ehrenbürgerschaften immer wieder Thema kommunaler Beschlüsse - in Franken zum Beispiel 2009 in Schwabach, 2012 in Dinkelsbühl und 2013 in Bayreuth.

 

In der Stadtratssitzung vom 28. April 2009 gab Oberbürgermeisterin Seidel bekannt, dass im Stadtratsprotokoll vom 20. April 1933 eine Fußnote eingefügt werden soll, die eine Distanz der Stadt Ansbach zur Ehrenbürgerschaft Adolf Hitlers bekundet. Eine Beschlussfassung des Stadtrates erfolgte nicht. Die Fußnote wurde angefügt und geschah vor dem Hintergrund, dass Schwabach 2009 Hitler die Ehrenbürgerschaft aberkannte. Mit den Ehrenbürgerschaften von Streicher, Siebert und Hindenburg hat sich der Stadtrat bisher nicht befasst.

 

Herr OB Deffner schlägt deshalb vor zu beschließen, dass die genannten Personen keine Ehrenbürger der Stadt sind, die Ehrenbürgerschaften durch den Tod erloschen sind und der Stadtrat sich von den damaligen Entscheidungen des Stadtrates distanziert. Zur Distanzierung zu Ehrenbürgerschaften während des Nationalsozialismus liegen außerdem bereits Anträge aus dem Stadtrat und ein Schreiben der Bürgerbewegung für Menschenwürde vor.

 

Herr OB Deffner erwähnt aus dem Goldenen Buch Seiten aus der NS-Zeit und verschiedene Unterlagen aus dem Stadtarchiv. Auf die Person Hindenburgs geht OB Deffner ausführlich ein, da dieser kein Nationalsozialist war. Der Stadtrat begründete 1933 die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an von Hindenburg mit der Würdigung seiner „gewaltigen Verdienste als Marschall des Weltkrieges und Präsident der deutschen Nation“,

 

Diese Begründung ist aus heutiger, aber zumindest ansatzweise auch aus damaliger Sicht, nicht haltbar.

 

OB Deffner begründet dies in der Folge ausführlich anhand verschiedener Begebenheiten im 1. Weltkrieg. Auch als Reichspräsident sind Verdienste nicht feststellbar, da Hindenburg durch die Berufung Hitlers zum Reichskanzler und u.a. durch zwei Verordnungen vom 4.2.1933 und 28.2.1933 die Grundlagen für die Errichtung der NS-Diktatur geschaffen hat.

 

Abschließend stellt er nochmal klar, dass die Ehrenbürgerschaft ein höchstpersönliches Recht ist, das mit dem Tode erlischt, eine Distanzierung bei den vorgenannten Personen aber dennoch geboten erscheint, auch um sicherzustellen, dass keine noch so geringe Schmälerung der Ehrenbürgerwürden, die an verdiente Persönlichkeiten verliehen wurden, erfolgen oder wahrgenommen werden kann.

 

Im Anschluss bedanken sich die Stadträte für den interessanten Vortrag und die geschichtlich fundierte Aufarbeitung des wichtigen Themas und stimmen dem Beschlussvorschlag zu.


Beschluss:

 

1.         Der Stadtrat stellt fest, dass die am 20. April 1933, 22. Januar 1938 und 15. Dezember 1938 zu Ehrenbürgern (Adolf Hitler, Julius Streicher, Ludwig Siebert und Paul von Hindenburg) bestimmten Personen keine Ehrenbürger der Stadt sind. Die Ehrenbürgerschaften sind durch den Tod der Personen erloschen.

 

2.         Der Stadtrat distanziert sich von den damaligen Entscheidungen des Stadtrates.